Film prangert Verschwendung von Esswaren an. Wie bewusst kaufen Stormarner ein?

Reinfeld. Mehr als die Hälfte aller produzierten Lebensmittel landet auf dem Müll. Deutsche Haushalte werfen jedes Jahr Esswaren im Wert von 20 Milliarden Euro weg. Diese unfassbaren Fakten stammen aus dem Trailer für "Taste The Waste". Der Dokumentarfilm über die massenhafte Verschwendung von Lebensmitteln läuft heute in den deutschen Programmkinos an. Filmemacher Valentin Thurn deckt auf, wie schon bei der Ernte der Lebensmittel gnadenlos aussortiert wird. Tomaten beispielsweise, die nicht genau den vorgegebenen Rot-Ton treffen, landen auf dem Müll.

Die Verschwendungskette reicht bis in den Lebensmittelladen oder Discounter. Schließlich sollen immer alle Waren möglichst frisch, makellos und ausreichend verfügbar sein. Laut einer Studie des Einzelhandelsinstitutes werden bundesweit bis zu fünf Prozent der gesamten Menge an Obst und Gemüse nicht verkauft, bei Brot und Backwaren landen bis zu zehn Prozent auf dem Müll oder werden - im besseren Falle - an Tafeln abgegeben. Wie halten es die Stormarner Einzelhändler mit dem Motto: 'Essen gehört nicht auf den Müll'?

Im Markant-Markt in der Reinfelder Innenstadt werden jeden Tag Waren im Wert von 20 bis 30 Euro aussortiert, sagt der stellvertretende Filialleiter Nico Erdmann. "Schrumpelige Paprikaschoten oder Äpfel mit Druckstellen kommen weg. Das Auge isst ja mit", so Erdmann. "Einmal wöchentlich kommt die Reinfelder Tafel. Die Lebensmittel, die noch genießbar sind, spenden wir."

Bei Plaza in Bad Oldesloe kommt jeden Tag etwa eine Kiste mit Waren zusammen, die nicht mehr verkauft werden können. "Täglich sind das rund fünf Kilo", schätzt der stellvertretende Filialleiter David Schnibben. Die gesetzlichen Richtlinien und vor allem die Qualitätsstandards sind streng. Dunkle Bananen oder matschige Pfirsiche in der Obstabteilung sind laut Schnibben ein No-Go. "Die Ware muss täglich frisch sein. Der Kunde muss einfach in die Auslagen greifen können, ohne auszusortieren." Was nicht mehr verkauft wird, aber noch gut verzehrt werden könnte, gibt auch Plaza an die Tafel ab. "Taste The Waste"- Regisseur Thurn glaubt den Einzelhändlern kein Wort. "Offiziell spenden alle ihre nicht verkauften Waren komplett an die Tafeln, lassen aber niemanden in ihre Mülltonnen sehen." Für den Dokumentarfilmer ist klar: Vor allem der Einzelhandel ist Motor der Verschwendungsmaschinerie. "Er zwingt die Produzenten, nicht perfekte Lebensmittel wegzuwerfen und hat die Kunden dahin verzogen, dass sie nur noch kosmetisch einwandfreie Produkte kaufen wollen", sagt Thurn.

Zumindest Friedhelm Meya von der Reinfelder Tafel kann bestätigen, dass fast alle Einzelhändler und Bäckereien übrig gebliebene Lebensmittel an die Tafel spenden. "Ob sie alles abgeben, was sie spenden könnten, kann ich natürlich nicht wissen", so Meya.

Letztendlich sind auch die Verbraucher nicht schlecht darin, Lebensmittel zu verschwenden. "Wurst, Käse, Brot, Milch - ich muss leider regelmäßig etwas wegschmeißen" sagt der Bergedorfer Bürokaufmann Marcel Lüneberg schulterzuckend. "Einmal die Woche gehe ich einkaufen und zum Ende der Woche wird aufgeräumt. Toll ist das nicht", gibt er zu. Die Reinfelderin Gesche Kunitz achtet eher darauf, keine Lebensmittel wegwerfen zu müssen. "Ich versuche, passgenau einzukaufen und esse frisches Obst und Gemüse immer schnell auf."

Auch Jörg Arend geht lieber öfter nach Bedarf einkaufen, um nichts wegwerfen zu müssen. "Und wenn ein Joghurt das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten hat, wird eben probiert, ob er noch schmeckt", sagt der Neumünsteraner. Das ist ganz im Sinne von Ulrike Langer, Kampagnenkoordinatorin bei der Hilfsorganisation Oxfam. Sie sieht auch die Kunden in der Pflicht, ihren Anteil gegen dieses System der massenhaften Verschwendung zu leisten. Das wichtigste sei eine neue Wertschätzung für Lebensmittel, sagt Langer. "Weniger und bewusster einzukaufen wäre der erste Schritt. Und man sollte sich schon beim Einkauf überlegen, wie man Reste verarbeiten könnte."