Unser Dorf: Das Abendblatt auf Sommertour in Hammoor, wo die Wurst noch so wie früher gemacht wird und der Heimatverein das Plattdeutsche lebendig hält

Montags ist in Hammoor Schlachttag. Vor hundert Jahren hieß das, dass Oswald Ahlers zu den Dorfbewohnern nach Hause fuhr, um ihre Schweine zu schlachten und diese anschließend zum Ausbluten auf eine Leiter zu spannen. Heute wird in Hammoor auch noch geschlachtet, allerdings nur noch im Betrieb von Thorsten und Katja Hoose. Die Geschwister führen die Landschlachterei Hoose an der L 89 seit 1998. "Wir schlachten zehn Schweine und ein Rind pro Woche", sagt Thorsten Hoose. Von den sieben Mitarbeitern sind sechs Familienmitglieder. Das Fleisch verkaufen die Hooses in ihrem Laden und auf Wochenmärkten. "Wir übernehmen den Transport zur Schlachterei selbst, um die Tiere so wenig Stress wie möglich auszusetzen", sagt Katja Hoose.

Am 8. Juni 1951 kauften die Großeltern von Katja und Thorsten Hoose die Landschlachterei.1968 übernahmen die Eltern dann das Unternehmen. "Unser Vater kommt aus Schlesien, er hat die traditionellen Wurstsorten von dort nach Hammoor gebracht", sagt Thorsten Hoose. Noch heute verwenden die Hooses die gleichen Gewürze wie damals. "Wir räuchern auch noch wie anno dazumal", sagt der 42-Jährige. "Das schmeckt einfach am besten."

Geändert hat sich in den vergangenen Jahrzehnten trotzdem einiges. "Der Schlachter Ahlers hat bis in die 1960er-Jahre in Hammoor gearbeitet, sein Sohn lebt noch heute im Dorf", sagt Elke Jendrejewski. "Slachter", sagt die Vorsitzende des Heimatvereins "Uns Dörp". "Der Verein hat das Ziel, die plattdeutsche Sprache zu pflegen", erläutert die gebürtige Hammoorerin. Auch ihr Stellvertreter Heinz Evers, der früher Postbote im Dorf war, ist in Hammoor geboren. "Man muss neugierig sein. So kommen die alten Geschichten ans Tageslicht", sagt Elke Jendrejewski über ihre Arbeit im Heimatverein. 2007 haben die Mitglieder von "Uns Dörp" die Feldwege der Gemeinde in plattdeutscher Sprache beschildert. "Wir möchten, dass unsere Nachkommen die ursprünglichen Namen der Wege kennen", sagt die Vorsitzende.

Lage an den Autobahnen ist sowohl Vor- als auch Nachteil

Im kommenden Jahr feiert der Verein sein 25-jähriges Bestehen. "Zum Jubiläum stellen wir Bilder von Hammoor von 1900 bis heute im Mehrzweckhaus aus", sagt Heinz Evers, der mit Elke Jendrejewski Platt schnackt. "Es ist einfach eine tolle Sache, die alten Bilder zu sammeln. Man erfährt bei den Recherchen viel über die Geschichte." So gab es schon seit 1837 eine Schule in Hammoor. "Früher unterrichtete ein Schäfer, damals haben die Kinder Schafe gezählt", sagt Jendrejewski. 1967 wurde die Schule geschlossen. Klassenräume und ein Lehrerzimmer gibt es trotzdem noch. Im Oktober 2009 eröffnete Björn Stieper in dem alten Gebäude sein Restaurant Klassenzimmer. "Wir kochen moderne Holsteiner Küche mit regionalen Produkten", sagt der 30-Jährige, der noch in Bargteheide wohnt, aber bald in das Hammoorer Neubaugebiet ziehen möchte. "Hammoor ist das schönste Dorf überhaupt", sagt Stieper.

Er arbeitet eng mit dem benachbarten Landhaus Hammoor zusammen. Die Hotelpension wird gerade umgebaut, sieben neue Zimmer sollen bis Mitte 2012 fertig sein. "Wir haben Gäste aus der Region, aber auch aus Skandinavien, Russland und den USA", sagt Hotelmanager Maik Böttcher, 25. Viele der Gäste sind auf der Durchreise, kommen über die an Hammoor grenzenden Autobahnen 1 und 21. "Die Verkehrslage ist sowohl Vor- als auch Nachteil unseres Dorfes", sagt Bürgermeister Helmut Drenkhahn, der seit 1990 im Amt ist. Das sei schon "ein kleiner Schnack". "Wir wollen eine Umgehungsstraße, die die L 89 mit der K 106 verbindet und so unsere Hauptstraße entlastet", sagt Drenkhahn.

Der Sportverein bietet Turnen, Fußball, Tischtennis, Step-Aerobic und Skat an

Das Planfeststellungsverfahren soll demnächst eröffnet werden. Die Einwohner Jutta Freitag und Wolfgang Krecker setzen sich dafür in der Initiative "Sichere Straßen Hammoor" ein. "Früher war das Hauptanliegen der Gruppe die Sicherheit, heute geht es vor allem um den Lärm", sagt der Bürgermeister. Die Lage des Dorfs wirkt sich auch auf die 1908 gegründete Feuerwehr aus. "Unsere 36 Leute müssen für Einsätze auf der Autobahn gerüstet sein", sagt der stellvertretende Wehrführer Jürgen Feddern. Dazu habe man im Mai das neue Löschfahrzeug HLF 20/16 angeschafft. Es gibt auch einen Musikzug mit mehr als 30 Mitgliedern.

Musikalisch gefragt ist in Hammoor auch die Band Boldbeatz um Stefan Nordt. "Wir treten in Hammoor selbst auf und auch außerhalb, zum Beispiel in Trittau", sagt Nordt. Am 24. September gibt die Band ab 20 Uhr ein Open-air-Konzert auf dem heimischen Sportplatz.

Gesungen wird auch im Singkreis "Unter den Linden", den Gabi Hartwig leitet. 1952 wurde der Chor gegründet, seit 2002 dirigiert die 48-Jährige die 15 Sängerinnen. "Wir singen dreistimmige, deutsche Lieder", sagt Hartwig. "Wir treten bei Veranstaltungen im Dorf und in der Seniorenresidenz in Bargteheide auf." Der Singkreis suche immer nach neuen Mitgliedern. "Noten muss man nicht kennen. Wir singen nach Gehör", sagt die Chorleiterin, die selbst Blockflöte spielt.

Mit Christiane Feddern hat sie das inzwischen sechsköpfige Ensemble "Flötentöne Hammoor" gegründet. Als eine von zwei Tagesmüttern betreut die 48-Jährige auch Kinder aus der Gemeinde. "Ich finde es hier gesünder und schöner für Kinder", sagt sie. Gabi Hartwig würde niemals in eine Stadt ziehen. "Ich liebe das Dorf, es ist einfach kuschelig hier. Und ich mag meine Arbeit."

Das sagt auch Karl-Heinz Ruge-Winterberg, einer der zehn Bauern im Ort. "Ich bin Milchbauer aus Leidenschaft", sagt der Landwirt. Er sei in Hammoor groß geworden und habe den Betrieb mit rund 60 Kühen geerbt. "Wir produzieren 600 000 Liter Milch im Jahr", sagt Ruge-Winterberg. "Ich mache genau das, was ich mir immer vorgestellt habe", sagt der 58-Jährige und fügt schmunzelnd hinzu: "Ich will noch melken, bis ich 80 bin."

Tagesmutter Gabi Hartwig leitet auch das Mutter-Kind-Turnen im Sportverein. "Kinder, die sich viel bewegen, entwickeln sich besser", sagt sie.

Der 1931 gegründete Sportverein bietet auch Fußball, Tischtennis, Step-Aerobic und Skat an. "Nach dem Krieg hatten wir auch mal eine sehr starke Frauen-Handballmannschaft", erzählt Heinz Evers, der lange als Jugendwart und Schiedsrichter tätig war. Für das Training nutzt der Verein den Sportplatz und das Mehrzweckhaus der Gemeinde. Neben der Ausstellung des Heimatvereins "Uns Dörp" soll dort auch 2013 der 750. Geburtstag des Dorfes gefeiert werden. "Bis dahin wollen wir alles sanieren", sagt Bürgermeister Drenkhahn. "Das wird schon ein kleiner Schnack."