Wer schon als Sechsjähriger mehr Lebenszeit vor dem Fernseher sitzend als vor der Tür spielend verbracht hat, aus dem muss nicht unbedingt ein schlechter Mensch werden. Aber die Gefahr ist groß, dass er bei der Schuleingangsuntersuchung zu denen zählt, die gesundheitliche Defizite haben. Es wäre falsch, deshalb die Fernsehmacher anzuklagen oder die Erfinder von Computerspielen.

Die Eltern sind gefordert. Ihnen muss klar werden, dass bewegte Bilder, im Übermaß genossen, für kleine Kinder genauso schädlich sein können wie andere Stoffe, die Suchtcharakter haben - und vor denen wir deshalb ständig warnen. Natürlich verabreichen wir Kindern keinen Schnaps, wenn sie schreien oder wenn sie beschäftigt werden wollen, obwohl wir gerade keine Zeit für sie haben. Aber mit der größten Selbstverständlichkeit setzen wir sie vor den Fernseher. In manchen Familien wird aus einer vielleicht noch unbedenklichen halben Stunde vor der Glotze eine Beschäftigung, die ganze Nachmittage füllt.

So lange dies gesellschaftlich akzeptiert ist, wird sich an den gesundheitlichen Defiziten von Kindern nichts ändern. Es ist ja lobenswert, wenn Schulen nun mit Kursen wie dem "Abenteuerturnen" dagegenhalten wollen. Zugleich ist es zutiefst deprimierend. Denn es ist ein geregeltes Abenteuer, in 45 Minuten gepresst, von einem Klingeln beendet. Echte Abenteuer warten draußen, im Matsch, auf dem Bolzplatz, im Kletterbaum, in der Sandkiste. Die Eltern müssen nur die Tür öffnen.