Eine Glosse von Andreas Burgmayer

Auf Sicht will ich abnehmen. Die Wampe zieht einen runter. Rein physisch der Schwerkraft wegen. Aber auch psychisch, weil der Doktor so gemeine Sachen sagt: "Sie sind nicht dick, sie sind fett!"

Wer in dieser Gesellschaft die Bereitschaft zur Gewichtsreduzierung im Verwandten- und Bekanntenkreis auch nur zart andeutet, der bekommt auf einen Schlag in etwa so viel Aufmerksamkeit wie ein streng gläubiger Muslim mit Rauschebart, der in einer Linienmaschine nach New York "Allahu akbar!" ruft.

Der Unterschied ist, dass den vermeintlichen Gotteskrieger Angst und Abscheu, den Abnehmwilligen Bekehrungsvorträge und gut gemeinte Ratschläge erwarten.

Freund Alex etwa, der vor einem guten Vierteljahr keinen erkennbaren Hals zwischen Rumpf und Kopf vorweisen konnte. Auf meine Ankündigung hin vernebelte sich sein Blick, er wurde feierlich und er sagte: "Metabolic Balance." Während ich vermutete, er sei einem seltsamen bulgarischen Teufelskult anheim gefallen, klärte er mich auf, dass er mit der auf Kohlenhydrat-Reduzierung und einem Blutwerte-Test basierenden Methode eines gewissen Dr. Funfuck (sic!) aus einem kleinen bayerischen Dorf gerade 20 Kilo abgenommen habe. Kaum zwei Wochen später wurde ich unter einer S-Bahn-Brücke von einem irren Heilpraktiker angeschnackt. "Hallo, kennen Sie Metabolic Balance? So wie Sie aussehen, sollten Sie das!"

Eine ziemlich runde Freundin, die seit Jahren Lebensmittel nur noch in Punkten benennt, aber irgendwie überhaupt nicht weniger wird, will mich trotzdem zum Mitglied in ihrem Klub der Gewichtsbeobachter machen. Ein Kollege, der sehr sportlich und überhaupt nicht dick ist, schwört auf einen Dr. Strunz und will mir das Buch mal mitbringen. Meine Mutter kommt mir wechselweise mit Brigitte-Diät oder Trennkost, je nach Laune.

Ich kann momentan nur den bulgarischen Teufelskult für mich ausschließen. Ansonsten streiche ich weniger Butter aufs Brot und lass das mit dem Nachschlag.