In ihrem Revier in Mecklenburg ist Bettina Merl drei- bis viermal pro Woche unterwegs

Brunsbek. "Es geht nicht darum, einfach nur Tiere totzuschießen, wie mancher Laie glaubt", sagt Bettina Merl. "Uns wird ein Teil der Natur anvertraut." Das sei viel Verantwortung.

Bettina Merl ist Jägerin. 850 Hektar Jagdfläche betreuen die 50-Jährige und ihr Lebensgefährte Hans Wulf, der ein Revier in Mecklenburg gepachtet hat. "Als Pferdehalterin hatte ich schon immer einen engen Bezug zur Natur", sagt die Verlagsangestellte. Vor acht Jahren hat sie ihren Jagdschein gemacht. Früher hatte die Jägerin Labradors. "Ich finde, man sollte Hunde ihrer Rasse entsprechend ausbilden. Über die Ausbildung meiner Labradors kam ich dann zum Jagen." Bis sie ihren Jagdschein machen konnte, musste die zweifache Mutter warten, bis ihre Kinder älter waren. Merl: "Die Ausbildung ist sehr zeitaufwendig und anspruchsvoll. Sie wird auch 'das grüne Abitur' genannt." Von September bis Mai ein- bis zweimal wöchentlich eignete die Brunsbekerin sich das Fachwissen für den Jagdschein an. Extrem viel lernen würde man über Wildbiologie, Natur und Umwelt, Wildkrankheiten, Wildbrethygiene sowie den richtigen Umgang mit der Waffe.

Um die Lebensräume im Revier zu verbessern, pflanzt sie Knicks auf, legt Teiche an und schafft Wildäsungsflächen. "Wer an der Natur mitwirken möchte, ist bei der Jägerschaft richtig", sagt Bettina Merl. Drei- bis viermal pro Woche ist sie im Revier unterwegs. "Als Jäger ist man oft abends oder nachts draußen. Häufig bin ich auch in den frühen Morgenstunden im Revier, wenn die meisten anderen Menschen noch schlafen", so die 50-Jährige.

Das tatsächliche Bejagen von Wild sei nur ein kleiner Teil ihrer Arbeit als Jägerin. So musste Bettina Merl sich erst daran gewöhnen, Tiere gezielt zu töten. "Ich bin ein sehr tierliebender Mensch, es hat mich große Überwindung gekostet, mein erstes Stück zu erlegen." Aber das gehöre eben auch zu der Verantwortung, die man als Jäger trage. Der Wildbestand müsse für das Gleichgewicht reduziert werden.

Auch das Wild anschließend auszunehmen, das sogenannte "aufbrechen", ist für die 50-Jährige kein Problem mehr. "In unsere Familie gibt es Wildfleisch in jeder Variation", sagt die Jägerin lachend. "So ersparen wir uns das Zuchtfleisch, das ist für mich ein wichtiger Aspekt."

Für viele Frauen sei zunächst auch der Umgang mit dem Gewehr ungewohnt. Die Waffen sind schwer, zum Teil unhandlich. "Das Schießen kann aber jeder lernen, man muss nur regelmäßig trainieren", sagt Bettina Merl. Immer öfter treffe sie auch Frauen am Schießstand an. "Das ist wichtig, ein guter Jäger fügt dem Tier so wenig Leid wie möglich zu." Auch nach Jahren üben Bettina Merl und Hans Wulf noch regelmäßig das Schießen. "Man hat nie genug trainiert." Die 50-Jährige ist der Meinung, dass Männer und Frauen sich auf der Jagd ergänzen. "Jeder nimmt Dinge anders wahr." Früher hätten Männer die Jagd gerne als Flucht vor Familie und Ehefrau genutzt, sagt sie schmunzelnd. "Das Bild der Partnerschaft hat sich gewandelt. Man möchte zunehmend etwas zu zweit unternehmen." Es sei schön, die Jagd als Paar zu erleben. "Es ist ja auch ein sehr zeitaufwendiges Hobby."

In ihrem Mecklenburger Revier gibt es zahlreiche Wildschweine. Die verursachen extreme Schäden auf den Maisfeldern. Schwarzwild ist nachtaktiv, häufig sitzen die beiden Brunsbeker stundenlang nachts bei Mondlicht um dieses zu bejagen. Sie können dann nur abwarten, ob die Schweine sich zeigen. "Durch die Zunahme des Schwarzwilds hat sich die Jagd extrem auf die Abend- und Nachtstunden verlagert", sagt Bettina Merl. Am wichtigsten ist es für die 50-Jährige, die Natur zu verstehen und zu genießen. "Keiner kennt die Natur so gut wie wir Jäger", sagt sie. "Als Jägerin kann ich an der Natur teilhaben und sie positiv beeinflussen." Wenn sie im Revier unterwegs ist, fotografiert Bettina Merl viel. "Ich nehme alles bewusster wahr, habe einen anderen Blick für Motive bekommen," sagt die Brunsbekerin.

Neben der Pflege des eigenen Reviers hat sie noch ein anderes verantwortungsvolles Amt: Sie ist Zweite Vorsitzende der Kreisjägerschaft Stormarn. Merl: "Mit diesem Amt bin ich als Frau wohl noch allein auf weiter Flur."