Auf dem Dressurgestüt trainierten Weltmeister und Olympiareiter. Pferdesportexperten beklagen einen großen Verlust

Grönwohld. Pferde grasen vor der Glasfront der beiden Reiterhallen des Grönwohldhofs. Menschen mit Reiterstiefeln und Helmen führen ihre Hengste und Stuten über den von Kugelahorn gesäumten Weg zu den Ställen. Es ist ein Bild, das das einstige Leben auf dem weltbekannten Gestüt beschreibt. Denn heute wirkt der Hof wie ausgestorben. Die Pferdeboxen sind leer, die Reiterhallen sind verlassen.

Nach 42 Jahren steht das Stormarner Dressurreitzentrum vor dem Aus. Ende dieser Woche wird der Hof geschlossen. Pferdesportexperten sprechen von einem großen Verlust für den deutschen Dressursport. "Doch es war abzusehen", sagt Karin Rehbein. Die zweifache Team-Weltmeisterin leitete das Dressur- und Reitzentrum auf dem Grönwohldhof. Eigentümer Henrik Schulte-Frohlinde habe das Gestüt bereits seit dem Tod seines Vaters im Jahre 1990 verkaufen wollen. Interessenten habe er aber nicht gefunden. Gezwungenermaßen führte er die Geschäfte des Betriebes weiter. Denn neben dem Dressur- und Reitzentrum gab es auf dem rund 220 Hektar großen Gelände eine Besamungsstation. Zudem wurde auf den Feldern des Gestüts Getreide und Raps für die Pferde angebaut. 25 landwirtschaftliche Mitarbeiter und Pferdewirte arbeiteten auf dem Hof. Ende April erhielten alle ihre Kündigung.

Denn Henrik Schulte-Frohlinde glaubte, endlich einen Käufer gefunden zu haben. Ein Berliner Investor unterzeichnete am 28. April den Kaufvertrag. Der Geschäftsmann wollte dort Springpferde züchten. "Er konnte aber nicht zahlen", sagt Schulte-Frohlinde. Deswegen ist das Geschäft jetzt geplatzt. Die Kündigungen der Mitarbeiter waren kurz nach Vertragsabschluss schon verschickt. Auch die Besitzer, die ihre Tiere in einer der 40 Pferdeboxen stehen hatten, haben sich inzwischen neue Unterkünfte für ihre Hengste und Stuten gesucht. "Der Hof steht wieder zum Verkauf", sagt der Gestütsleiter.

Sein Vater, Otto Schulte-Frohlinde, hatte den Grönwohldhof 1969 gekauft. Der Reitsport war seine Leidenschaft. Deswegen holte er damals Deutschlands besten Dressurreiter nach Stormarn. Herbert Rehbein gab als Ausbilder auf dem Grönwohldhof der internationalen Dressur-Elite vor Olympischen Spielen und Turnieren den letzten Schliff. Er selbst gewann neun Mal das Deutsche Dressur-Derby und war siebenmal Deutscher Meister.

Zudem galt er als exzellenter Trainer und Züchter. "Die Arbeit mit den Pferden lag ihm im Blut", sagte seine Witwe Karin Rehbein kurz nach seinem Tod im Sommer 1997.

Herbert Rehbein ist im Alter von 50 Jahren gestorben, doch sein Name fällt immer im Zusammenhang mit dem Grönwohldhof. Genauso wie der Name Donnerhall. Herbert Rehbein hat den Oldenburger Hengst in Grönwohld ausgebildet. Seine Frau Karin holte mit dem Ausnahmepferd ihre Goldmedaillen. Nach dem Tod ihres Mannes übernahm Karin Rehbein mit dem Pferdesportler Falk Rosenbauer die Leitung der Dressurausbildung.

Rehbein trainierte die australische Olympiareiterin Kristy Oatley. Bis vor drei Jahren war die heute 33 Jahre alte Dressurreiterin das sportliche Aushängeschild des Grönwohldhofes. Doch es kam zum Streit zwischen ihr und Gestütsleiter Henrik Schulte-Frohlinde. Damals hieß es, der gradlinigen Dressurreiterin mangele es in Konfliktsituationen an diplomatischem Geschick. Dies habe sich nicht mit der "Gutsherrenart" von Schulte-Frohlinde vertragen. 2008 kam es deswegen zum Eklat. Die Olympiareiterin packte ihre Sachen und ließ ihre 17 Pferde vom Grönwohldhof abholen.

Der Grund für den Streit sei unter anderem auch Schulte-Frohlindes mangelndes Interesse für Pferde gewesen. Der heute 65-Jährige konnte mit dem Lebenswerk seines Vaters nie viel anfangen. Otto Schulte-Frohlinde baute damals nicht nur die beeindruckenden sternförmigen Stallungen auf dem Gut, sondern auch Wohnungen und Häuser für seine Mitarbeiter. "Noch können wir hier wohnen bleiben", sagt die Besamungstechnikerin Susanne Pach, die neben Peter John, dem landwirtschaftlichen Verwalter des Gutes, wohnt. Ob sie demnächst auch ihre Wohnungen verlassen müssen, ist noch unklar.

Karin Rehbein blickt indes traurig zurück auf das Gestüt in Grönwohld. "Alle Pferde, die ich dort trainiert habe, sind bereits auf einem Hof in Büchsenschinken untergebracht", sagt die 62-Jährige. In dem Reinbeker Ortsteil wird sie die Tiere weiterhin trainieren und reiten. "Noch habe ich nicht richtig realisiert, dass es auf dem Grönwohldhof endgültig vorbei ist", sagt Rehbein.

Wie viele andere habe sie gehofft, dass ein Pferdeliebhaber das Gestüt kauft und es mit so viel Liebe und Leidenschaft führe wie Otto Schulte-Frohlinde. Ob sich ein solcher Käufer je findet ist fraglich, auch ob ein Investor dem Hof wieder Leben einhaucht. So dass Hengste wieder auf den Wiesen grasen können und aus den Boxen Pferdegewieher zu hören ist.