Bund investiert 630 000 Euro in Pilotprojekt, das Lastwagenfahrern die Zahl der freien Plätze anzeigt. Doch Trucker und Polizei sind skeptisch.

Todendorf. Eine digitale Tafel an der Autobahn 1 soll Lastwagenfahrern künftig fünf Kilometer vor der Raststätte Buddikate West anzeigen, wie viele Parkplätze noch frei sind. Das Bundesverkehrsministerium möchte mit dem neuen Parkleitsystem das Problem lösen, dass viele Lkw-Plätze an deutschen Autobahnen allabendlich restlos überfüllt sind. Ziel sei es, die vorhandenen Stellflächen optimal zu nutzen, damit weniger neue Parkplätze gebaut werden müssen.

"Es ist ein Pilotprojekt, das auf alle Park- und Rastplätze ausgeweitet werden könnte", sagt Matthias Paraknewitz, Leiter des Landesbetriebs Straßenbau und -verkehr in Rendsburg: "Fernfahrer könnten dann auf einen Blick sehen, auf welchen Rast- oder Parkplätzen noch freie Stellflächen sind." Zunächst soll die Buddikate an der Autobahn Richtung Hamburg - dort können 20 Laster stehen - mit der modernen Technik ausgestattet werden. Deutschlandweit werden fünf unterschiedliche Systeme getestet.

Den Auftrag für das 630 000-Euro-Projekt hat die Behörde an eine Firma in Trier (Rheinland-Pfalz) vergeben. Das Unternehmen bringt an der Auf- und Abfahrt der Raststätte Magnetsensoren an. "Damit erfassen wir, wie viele Fahrzeuge auf die Rastanlage fahren beziehungsweise diese wieder verlassen", sagt Paraknewitz. Ein Radar an den Kontaktschleifen erkennt, ob es sich um einen Lastwagen oder ein Auto handelt.

Drei weitere Kontaktschleifen auf dem Buddikate-Gelände erfassen, wo die Lastwagen entlangfahren. So wird erkannt, ob die Fernfahrer nur tanken oder auch Pause machen. "Zusätzlich werden vier Kameras installiert", sagt Paraknewitz, "wenn beispielsweise abends alle markierten Stellflächen belegt sind, Fahrer ihre Sattelzüge aber auf Pkw-Plätzen oder in Zufahrten abstellen, registriert das System dies." Die Mitarbeiter der Betriebsdienstzentrale in Rendsburg können auf den Monitoren erkennen, wenn mehr Trucks als offiziell erlaubt auf der Buddikate stehen, und die Anzeige manuell korrigieren.

+++ Kommentar: Mehr Rastplätze an A 1 schaffen +++

Weihnachten sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein. Bis zum Frühjahr 2012 soll die Software entwickelt werden. Bewährt sich das System, könnte es auch auf anderen Strecken installiert werden. Matthias Paraknewitz kann sich auch vorstellen, dass sich Berufskraftfahrer online, beispielsweise über eine Applikation (App) auf Smartphones, über freien Stellflächen in der Nähe informieren können.

Vom Nutzen der Investition sind bei Weitem nicht alle überzeugt. Der Leiter des Autobahnreviers Bad Oldesloe, Georg Ruge, zählt zu den Kritikern. Er sagt: "Das Parkplatzangebot ist viel zu gering, die Stellplätze sind immer überfüllt. Was bringt den Lkw-Fahrern eine Tafel, die anzeigt, dass nichts mehr frei ist?" Das Problem könne nur gelöst werden, wenn mehr Stellplätze an der A 1 gebaut werden. "Wir verlangen von den Fahrern, dass sie ihre Ruhezeiten einhalten", sagt Ruge, "doch sie haben kaum die Möglichkeit dazu."

Die Spediteure verlangten von ihren Fahrern, dass sie ihre Lenkzeiten optimal ausnutzen. "Wir sind dann auf einen Parkplatz angewiesen und kommen jedes Mal in Schwierigkeiten", sagt Fahrer Dietmar Mundt, 51, aus Stuttgart. Wie viele andere steht er auf der Buddikate in zweiter Reihe. Täglich sind mehr als 9000 Lastwagen auf dem Stormarner A-1-Abschnitt unterwegs. Kreisweit gibt es aber nur 95 Parkflächen auf sechs Rastplätzen. Bei einer Kontrolle stellte die Autobahnpolizei fest, dass in manchen Nächten mehr als doppelt so viele Sattelzüge auf den Anlagen standen wie erlaubt.

"Sind die Plätze an der Autobahn überfüllt, müssen wir auf die Gewerbegebiete in der Nähe ausweichen", sagt Steffen Timm, 41, aus Wismar. Vielerorts sind die Brummifahrer jedoch nicht gern gesehen. "Immer öfter gibt es in Gewerbegebieten Parkverbote für Lkw", sagt Timm. "Zudem werden Steine auf die Parkstreifen gelegt, damit wir mit unseren Sattelzügen dort nicht mehr parken können."

Das Problem wird von Jahr zu Jahr größer. Seit 1978 hat sich der Lkw-Verkehr mehr als vervierfacht. Nach Prognosen wird er sich bis 2050 noch einmal fast verdoppeln.

Geplant ist, dass auch der zwischen Ahrensburg und Stapelfeld gelegene Parkplatz Ellerbrock an das Lkw-Parkleitsystem angeschlossen wird. Die blaue Tafel, die rund fünf Kilometer vor der Buddikate steht, soll auch die freien Plätze in Ellerbrock anzeigen. Dort gibt bisher erst zehn Stellplätze. "Wir planen eine Erweiterung auf 100 Lkw-Parkflächen", sagt Jens Sommerburg, Leiter des Landesbetriebs Straßenbau und -verkehr in Lübeck. Baubeginn sei allerdings frühestens in zwei Jahren.

Ferner soll der Parkplatz Melmshöhe (bei Barnitz in Richtung Lübeck) vergrößert werden - von derzeit fünf auf 95 Stellplätze. Allerdings gibt es weder bei Ellerbrock noch Melmshöhe Duschen oder Verpflegungsmöglichkeiten. Es soll jeweils nur ein Toilettenhäuschen geben. Auf den Raststätten Buddikate West (20 Lkw-Stellplätze) und Ost (33) können die Fahrer auch etwas essen und sich waschen. Aus Naturschutzgründen ist ein Ausbau aber nicht möglich.

Die Wirtschaft- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS) möchte deswegen einen Autohof am A-1-Kreuz Bargteheide bauen lassen und steht mit einem Hamburger Investor in Kontakt. Der Regionalplan des Landes sieht dort aber kein Gewerbe vor. WAS-Geschäftsführer Norbert Leinius: "Wir streben jetzt ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren an."