Der Direktor der Dietrich-Bonhoeffer-Schule verabschiedet sich nach mehr als vier Jahrzehnten als Lehrer ins Rentner-Dasein.

Bargteheide. Heute ist Schluss. Nach 22 Jahren verlässt Martin Poser die Bargteheider Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinschaftsschule. Haben die Schüler Angst vor dem Direx gehabt? Martin Poser überlegt kurz und sagt dann: "Ein Fünftklässler hat den Nachbarn erzählt, bei uns in der Schule läuft so ein Opa rum. Ich glaube, das ist unser Direktor, aber der ist ganz nett." Für andere seiner 825 Schützlinge ist der große, kräftige Mann einfach nur der "Bär". Jetzt geht der Bär von Bord - mit 42 Dienstjahren auf dem Buckel.

Von Frust ist im Gesicht dieses Lehrers nichts zu lesen. "Ich wollte nie etwas anderes machen. Und das ist bis heute so geblieben", sagt der 61-Jährige. Dass er früher aufhört, hat daher nichts mit einem zu hohen Nervfaktor zu tun. Der Bär ist einfach nicht so stark, wie er aussieht. "2006 hatte ich einen Schlaganfall und saß im Rollstuhl", erinnert sich Poser. Er kämpfte und kam wieder. "Ich hatte Glück mit dieser Schule und das Gefühl, ich könnte noch mehr Probleme lösen, als schaffen", sagt der Ammersbeker, der als Schwerbeschädigter in Altersteilzeit geht.

Statt Englisch und Philosophie kommt künftig Sport auf seinen Stundenplan - auf seinen privaten. Und da schließt sich der Kreis, denn Sport hat er studiert. Seine Hausärztin drängelt schon. Und der Bär hat gute Vorsätze und weiß: "Ich weiß, ich muss mich unbedingt mehr bewegen." Bis zuletzt saß er allerdings mehr denn je vor Bergen von Papier und Ordnern. Poser: "So ist das, wenn man in einen kleineren Raum umziehen muss."

Die Kartons sind Zeichen der letzten großen Veränderung in seinem Lehrerleben: Aus der Realschule ist seit August 2008 die Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinschaftsschule geworden. Statt 600 Schüler werden jetzt 825 unterrichtet. Das Kollegium hat sich von 40 auf 70 Lehrer fast verdoppelt. Und aus dem zweiköpfigen Leitungsteam ist ein Sechs-Personen-Unternehmen mit Abteilungsleitern entstanden - wie in einer richtigen Behörde. Und das kostet Platz. Also musste der Bär seine alte "Höhle" verlassen und sich mit einer kleineren begnügen.

Vieles hat sich seit der Zeit verändert, als Martin Poser noch Junglehrer war. Vor der Klasse stehen und zehn Minuten predigen, das könne man heute vergessen. Poser: "Von der zentralen Lehrerrolle haben wir uns verabschiedet. Es gibt keinen Nürnberger Trichter. Und die Lehrer werden immer mehr Organisatoren und Berater." Er kann sich noch gut daran erinnern, als der Frontal- vom Gruppenunterricht abgelöst wurde. "Das gab an der Heimgarten-Hauptschule einen regelrechten Aufschrei", sagt Poser, der 1974 in Ahrensburg anfing.

Eins hat beharrlich gehalten - "der blöde 45-Minuten-Takt". Den hätte Poser gern über Bord geworfen, bevor er das Schiff Schule verlässt. Aber so einfach ist das nicht. "Die Klassenstufen acht, neun und zehn machen bei uns ja noch einen Realschulabschluss." Und wie ein anderer Stundentakt mit den nachfolgenden Gemeinschaftsschul-Klassen abgeglichen werden könnte, wisse noch keiner. Poser: "Andere Schulen zu fragen, nützt nichts. Wir stehen gemeinsam im Morast." Er nicht mehr.

Trotz vieler offener Fragen, eins beruhigt Poser: "Die Schule kann machen, was sie will, aus den meisten wird doch noch was", sagt der Pensionär in spe und schmunzelt. Und noch etwas ist ihm wichtig: "Zuwendung ist die Basis für den Lehrerberuf. Ich wollte nie, dass Schüler vor mir Angst haben. Und wenn es zu schlimm wurde, habe ich versucht, irgendwie Eindruck zu machen", sagt er und lacht. Die Schüler werden den freundlichen Bären vermissen.