Wir treten Christian von Boetticher sicher nicht zu nahe, wenn wir vermuten, dass es nicht allein die Sorge um die Zukunft Schleswig-Holsteins gewesen ist, die ihn nun getrieben hat, sich des Themas Jugendkriminalität anzunehmen.

Seit Anfang Mai ist Boetticher auch offiziell Spitzenkandidat der CDU. Vorher und erst recht danach gab es nicht wenige, die ihm die Eignung für diesen Job absprachen. Vor gut einem Monat stellte dann auch noch das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap fest, dass der SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig bei den Wählern beliebter ist als sein CDU-Kontrahent.

Mit seinem Vorschlag, geschlossene Heime zu bauen, will Boetticher nun offenbar aus dem Umfrage-Gefängnis herauskommen. Er benutzt dafür ein Thema, das Emotionen schürt. Wir alle fühlen mit Verbrechensopfern, wir wollen alle, dass es möglichst wenig Straftaten gibt. Das Problem ist nur, dass in diesem Fall niemand weiß, wie groß das Problem ist. Die Landeszahlen sind unzuverlässig, weil die Polizeidirektionen offenbar bei der Frage, wer als Intensivtäter einzustufen ist und wer nicht, nach unterschiedlichen Kriterien vorgehen. In welchem Alter werden sie straffällig? Welche Delikte werden am häufigsten verübt? Ist die Metropolregion stärker betroffen als der Norden des Landes?

Viele Fragen sind offen. Christian von Boettichers aus der Tasche gezaubertes Zehn-Punkte-Programm beantwortet keine einzige von ihnen. Es ist ein Deckel, der sich nicht darum schert, wie groß der Topf ist.