Die Siekerin Bettina zur Nedden beteiligt sich am Tag des Offenen Gartens. Am Sonntag sind Gäste willkommen

Siek. Sie springt manchmal schon im Pyjama in den Garten. "Manchmal auch mit Gummistiefeln. Das sieht lustig aus. Aber das lass' ich mir nicht nehmen", sagt Bettina zur Nedden. Die Nachbarn haben sich an den Anblick gewöhnt. Seit 1993 wirkt die Siekerin auf dem Grundstück an der Alten Landstraße. "Ein Nachbar hat sogar ein anderes Badezimmerfenster einsetzen lassen. Er will selbst beim Duschen zu uns ins Grüne gucken", sagt Bettina zur Nedden. Ihre Gartenfreude scheint ansteckend zu sein.

"Als wir hier einzogen, war da nix", sagt die 53-Jährige. Nur Rasen und Wildwuchs. Jetzt verströmt hier "Henry Schmidt" Lindenduft-Parfum und nickt dabei huldvoll der pfirsichfarbenen "Augusta Luise" zu. "Rosen müssen sein. Und sie müssen duften", sagt Bettina zur Nedden. Überall residiert bei ihr die Königin der Blumen. Zu ihren Füßen kleine Buchsbaumhecken, durch die Glockenblumen hervorlugen. "Die haben sich selbst ausgesät", sagt die Gärtnerin, "genau wie der Mohn. Ich lass' sie und dünn nur manchmal aus."

Zehn Jahre hat es gedauert, bis sie aus dem Nichts ein kleines Paradies gezaubert hat. "Wir leben hier in vierter Generation. Das Haupthaus stammt von 1902", sagt Bettina zur Nedden, die 7000 Quadratmeter in Schuss hält.

Das ist Gartenlust, aber auch Gartenlast? "Mein Mann erledigt die schweren Arbeiten. Aber er redet mir nicht rein. Ich bin also ganz frei" sagt Bettina zur Nedden. Manchmal lässt sie fünf gerade sein. "Das Unkraut kriegt man sowieso nicht überall raus. Und warum auch? Ich liebe Gärten, die ein bisschen verwunschen sind."

Ihr Vater züchtete Shetlandponys. Nach seinem Tod stand die Koppel zunächst leer. 5000 Quadratmeter unbeackertes Land. Bettina zur Nedden hielt das gar nicht aus. Jetzt stehen dort 30 Obst-, Laub- und Nadelbäume. "Sie haben alle ein unterschiedliches Grün", sagt die Siekerin, "und im Herbst haben wir hier Indian Summer."

Der nächste Angriff auf ihren Versuch, den Garten pflegeleicht zu gestalten, folgte auf dem Fuße. "Vor die neu bepflanzte Koppel würde doch noch gut eine Johannisbeere hinpassen", meinte eine Freundin. "Mach doch noch ein Beet da hin!", hieß ihr wohlgemeinter Rat. "Du meine Güte, das habe ich tatsächlich gemacht", sagt die Siekerin.

Der Johannisbeerstrauch ist längst weg. Im Gemüse- und Obstgarten wächst schon genug, selbst Stachelbeerbüsche, die noch aus Großmutters Zeit stammen. Und in der Mitte gedeihen Kartoffeln, Knoblauch, Erbsen, Bohnen und Salat. Aber das Beet vor der Koppel hat sich gehalten. Mittlerweile ist sogar noch eins dazugekommen. "Das Gute ist, ich komme von beiden Seiten ran", sagt Bettina zur Nedden, schaut nach unten und stellt fest: "Als Gärtnerin müsste man fliegen können. So über die Beete hinweg. Das wäre praktisch."

Was in ihrem Garten tatsächlich flattert, sind Antwerpener Zwergbarthühner. Die Vögel begleiten die Gärtnerin manchmal bei der Arbeit, in der Hoffnung, beim Umgraben könnte etwas Leckeres für sie zu Tage gefördert werden. Darben müssen die Mini-Hühner aber ohnehin nicht. Wie es sich für ein kleines Paradies gehört, ist ihr Speiseplan formidabel: morgens eingeweichte Haferflocken - eine Art Porridge fürs Federvieh -, bei Hitze Melone und zum Knabbern auch mal eine Erdnuss.

Es fliegt natürlich noch mehr herum, und das nicht unbedingt zur Freude der Gärtnerin: Die frechen Stare futtern mit Vorliebe ihre Kirschen. Dafür empfängt sie aus dem Starenkasten aber hin und wieder auch ein kostenloses Unterhaltungsprogramm. "Die Stare sind hervorragende Imitatoren. Einer hat Hund und Katze nachgemacht und sogar ein Telefon." Das bimmelte glücklicherweise anders als das der Siekerin.

Im Frühjahr blühen vor ihrem Haus Hunderte von Krokussen und Poeten-Narzissen. "Die leuchten nachts wie ein Sternenhimmel", sagt die Gartenherrin. Allein das scheint für sie die Mühe zu lohnen. Und Mühe ist es, zumal sie nicht zu Pflanzenschutzmitteln greift. Stattdessen verzichtet sie auf empfindliche exotische Pflanzen. Und wenn die Rose krankt, sucht sie einen anderen Standort. Statt künstlichen Dünger nimmt sie Kompost oder bedient sich bei den Hühnern, denn Kleinvieh macht bekanntlich auch Mist. Die Siekerin schafft es auch auf natürliche Weise, Himbeeren ohne "Fleischeinlage" zu ernten. "Ich habe Autumn Bliss gepflanzt", sagt sie. Die Sorte reift spät. Da hat der Wurm keine Chance.