Auch Sprossen stehen im Verdacht, EHEC-Bakterien zu tragen. Neue Fälle gemeldet

Die Zahl der Neuerkrankungen geht zurück, die Unsicherheit bleibt: Tomaten, Gurken, Blattsalate - es gibt anscheinend kaum noch Lebensmittel, die mit ruhigem Gewissen verzehrt werden können. Nun gehören auch Sprossen zu den Risiko-Lebensmitteln. Vor Rohmilch und nicht durchgegartem Fleisch warnt das Gesundheitsamt ebenfalls.

Stormarn bleibt weiterhin ein Schwerpunkt der Epidemie. Das geht aus den gestern veröffentlichten Daten des Landesgesundheitsministeriums hervor. In Schleswig-Holstein gibt es nun 588 EHEC-Fälle (34 mehr als am Sonntag) und 167 daraus resultierende Fälle der Folgeerkrankung HUS, in deren Verlauf es oft zu Nierenversagen kommt (fünf mehr als am Sonntag). In Stormarn waren es bis gestern 70 EHEC- und 23 HUS-Fälle. Vergleichsdaten aus den Vortagen sind für den Kreis nicht zu bekommen.

Immerhin ist es nun möglich, sich einen Überblick über die landesweite Entwicklung zu verschaffen. Vor knapp zwei Wochen, am 25. Mai, gab es in Schleswig-Holstein 59 EHEC- und 21 HUS-Fälle. Exakt eine Woche später, am 1. Juni, waren es schon 458 EHEC- und 130 HUS-Fälle. Seitdem verlangsamt sich die Ausbreitung. Bei den EHEC-Erkrankten kamen am 2. Juni 59 Fälle hinzu, am 5. Juni 37 und gestern 34 Fälle. Beim HUS-Syndrom schrumpfte die Zahl der Neuerkrankungen von 23 am 1. Juni auf zuletzt 5.

Trotzdem sind viele Stormarner weiterhin verunsichert. "Man weiß gar nicht mehr, was man noch essen kann. Jeden Tag gibt es neue Nachrichten über Lebensmittel, die angeblich gefährlich sein sollen", sagt Iris Brinken, 74. Die Ahrensburgerin und ihr Mann essen Gemüse nur noch gekocht. "Und vor dem Kochen waschen wir alles unter heißem Wasser ab", fügt Roland Brinken, 76, hinzu. Gerade essen sie beim Asia-Imbiss im CCA zu Mittag. Dass die Sprossen in den Gerichten gleich weggelassen wurden, finden Iris und Roland Brinken gut.

Auch Charis Sintoris, Inhaber des griechischen Restaurants "Santorini" in Ahrensburg, passt sich der Situation an: "Blattsalat und rohes Gemüse servieren wir gar nicht mehr. Die Gäste würden Tomaten und Gurken sowieso zurückgehen lassen." Die Kunden des "Santorini" sind sich einig, dass Sintoris richtig handelt. "Rohes Gemüse zu essen, kommt für mich im Moment nicht in Frage", sagt Can Dagdelen, 40. "Wir versuchen auch innerhalb der Familie, alle Lebensmittel zu meiden, die gefährlich sein könnten", fügt Thorben Schneider, 34, hinzu. Der Bargteheider verfolgt die EHEC-Entwicklung täglich. Die Nachrichten beeinflussen sein Essverhalten. "Ich mache mir vor allem Sorgen um meine kleine Tochter."

Auch Ammersbeker Christian Klawonn, 34, hat Angst vor dem EHEC-Erreger: "Ich esse weder Obst noch Gemüse. Seit ich die neuesten Nachrichten gehört habe, verzichte ich vorsichtshalber auch lieber auf Sprossen." Für Anja Schmukal, 23, aus Ahrensburg ist die Situation besonders schwierig: "Ich esse kein rohes Gemüse und auch keinen Salat mehr. Da ich Vegetarierin bin, ist die Verunsicherung durch EHEC für mich ein großes Problem", sagt sie. "Es gibt mittlerweile kaum noch Lebensmittel, die für mich in Frage kommen."

Doch nicht alle Stormarner verzichten auf die Risiko-Lebensmittel. Claudia Kehl aus Ahrensburg genießt weiterhin Obst und Gemüse. "Ich lasse mich von EHEC nicht einschüchtern", sagt die 46-Jährige. Sie werde auch künftig noch Blattsalat und Sprossen essen. Maike Bandick hat sich zum Mittagessen eine Pizza mit rohen Tomaten bestellt. "Ich esse weiterhin alles", sagt die 68-jährige Ahrensburgerin, "Bei meinen Lieblings-Restaurants bin ich mir sicher, dass dort keine EHEC-Produkte verwendet werden."

Katrin Backhaus, 47, aus Ammersbek will fürs Abendessen Salat kaufen. Ihre Schwester ist gerade zu Besuch in Norddeutschland. "Leichte Bedenken habe ich hier im Norden schon", sagt Ulrike Backhaus, 34. Verrückt machen lassen will sie sich von der Situation aber nicht.

Arne Jetten, 39, aus Höltenklinken sagt: "Bei Gemüse greifen wir jetzt auf das aus der Tiefkühltruhe zurück." Beim Grillen gebe es seit EHEC doch mal ein Stückchen Fleisch mehr, denn mit Salaten sind seine Frau und er doch vorsichtiger geworden. "Unsere Alternative: Nudelsalat."

Den Speiseplan für sich und ihre Familie hat auch Erika Fürst, 42, aus Bad Oldesloe seit Bekanntwerden der EHEC-Epidemie umgestellt. "Über die Infektion bin ich gut informiert.", sagt sie. "Gemüse kommt bei uns nur noch gar gekocht auf den Tisch."