In den Kommunen und beim Jobcenter sind erst wenige Anträge eingegangen. Landrat kritisiert Bürokratie-Aufwand

Ahrensburg. Das Geld ist da, aber kaum einer will es haben: Das ist momentan der Stand beim Bildungs- und Teilhabepaket in Stormarn. Die Zahl der Anträge, die bislang gestellt wurden, ist verschwindend gering. In Ahrensburg sind fünf eingegangen, in Reinbek acht, in Bad Oldesloe war es vor wenigen Tagen erst einer, in Barsbüttel noch nicht einmal einer. Das Jobcenter, das für Kinder von Hartz-IV-Empfängern zuständig ist, hat 303 Anträge bekommen - das sind etwa neun Prozent der Anspruchsberechtigten. Die meisten Eltern (137 Anträge) wollten Unterstützung fürs Mittagessen und für Freizeitangebote. Mit dem Bildungs- und Teilhabepaket sollen Kinder und Jugendliche aus Familien mit geringen Einkommen unterstützt werden.

Warum das Interesse so gering ist, kann sich in Stormarn keiner erklären. "Für mich ist das ein Rätsel", sagt Joachim Wagner, der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Kreistag. "Es kann eigentlich nur daran liegen, dass nicht genug Werbung gemacht wird."

Der Landrat Klaus Plöger hat auch keine bessere Erklärung, ist aber ohnehin überzeugt davon, dass das Bildungs- und Teilhabepaket von vornherein falsch angelegt worden ist. "Den Bürokratieaufwand, der damit verbunden ist, finde ich völlig idiotisch", sagt er. Tatsächlich sind die Summen für jeden Antragsteller gering, außerdem wird das Geld nicht an die Eltern der Kinder und Jugendlichen ausgezahlt, sondern an Schulen, Vereine und andere Bildungsträger. Ein Beispiel: Für jedes Kind stehen 10 Euro im Monat bereit, um damit ein Kultur- oder Sportangebot zu bezahlen. Für jedes Kind muss allerdings auch ein Antrag gestellt werden, um diese relativ niedrige Summe dann dem Sportverein oder der Musikschule zu überweisen, die das Kind besuchen will. Die Folge: eine Fülle von Einzelbearbeitungen und Einzelüberweisungen. Das Stormarner Jobcenter wird deshalb ihr Personal um 3,5 Stellen aufstocken müssen.

Plöger findet das absurd. "Da werden Kleckerbeträge verbucht. Das gilt auch für den Zuschuss zum Schulessen, der beantragt werden kann. Besser wäre es gewesen, wenn man beispielsweise einfach dafür gesorgt hätte, dass alle Kinder in der Schule ein kostenloses Mittagessen bekommen. Das ist ganz einfach zu bezahlen, wenn man zum Beispiel das Kindergeld ein bisschen verringert." Reinhard Mendel, der Chef der SPD-Kreistagsfraktion, wundert sich nicht über das geringe Interesse. "Wenn schon wir erst so spät und so spärlich Informationen zum Gesetzespaket bekommen, wie sollen dann die Betroffenen rechtzeitig reagieren können?", fragt er. "Hier sollen die Behörden etwas machen, von dem sie gar nicht wissen, was es genau ist."

Vielleicht haben auch der lange Aushandlungsprozess und die überstürzte Umsetzung dazu beigetragen, dass das Wohltatenpaket nicht recht angenommen wird. Bis heute ist nämlich offiziell immer noch nicht klar, wer die Anträge von Wohngeldempfängern bearbeitet. Zuständig ist das Land Schleswig-Holstein. Das Sozialministerium hat allerdings in einem Schreiben vom 31. März mitgeteilt, diese Aufgabe auf die Kreise und kreisfreien Städte übertragen zu wollen. Die wiederum hätten "die Möglichkeit der Heranziehung von Gemeinden und Ämtern im Vereinbarungswege".

In Stormarn haben sich Landrat und Bürgermeister am 13. April darauf geeinigt, dass die Städte und Gemeinden die Anträge von "Wohngeldkindern" bearbeiten. Das Sozialministerium muss dieser Regelung allerdings noch zustimmen - was es noch nicht getan hat. Selbst wenn die Zustimmung da ist, hat sich rein rechtlich noch nichts geändert. Erst mit einem Übertragungsbeschluss des Kreistags würde die Aufgabe der Antragsbearbeitung offiziell und rechtssicher bei den Kommunen landen. Und dieser Beschluss kann erst bei der Kreistagssitzung Ende Juni gefasst werden.