Fast ein Jahr ist es her, dass die Ahrensburger Kirchengemeinde in ihren Grundfesten erschüttert und die evangelische Kirche vom bislang größten Missbrauchsskandal heimgesucht wurde. Seitdem warten die Opfer des ehemaligen Ahrensburger Pastors Dieter Kohl auf Antworten. Warum durfte Kohl nach seiner Versetzung 1999 weiter als Seelsorger für Jugendliche im Strafvollzug und als Religionslehrer an der Ahrensburger Stormarnschule tätig sein? Warum will niemand in der Gemeinde etwas vom sexuellen Missbrauch Schutzbefohlener gewusst haben?

Gründlichkeit vor Schnelligkeit lautet die gebetsmühlenartig wiederholte Devise der Nordelbischen Kirche zum Stand der Ermittlungen. Doch wie viele ihrer Erkenntnisse, auch die der externen Gutachter, wird sie preisgeben? Und wann? Die Opfer sind den steinigen Weg der Offenbarung bereits gegangen. Die Kirche indes beschreitet diesen Pfad nur sehr zögerlich. Was geschehen ist, ist nicht rückgängig zu machen. Aber es könnte mit mehr Entschlossenheit ans Tageslicht befördert werden. Ein kollektives Schuldbekenntnis reicht da nicht aus.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hieß es aus dem Ahrensburger Kirchenvorstand, man werde sich auf die Seite der Opfer stellen. Doch zuletzt hüllten sich die Mitglieder des Gremiums ebenso in Schweigen wie ihr Dienstherr. Die Hoffnung der Opfer, zehn Wochen des Schweigens mögen neue Fortschritte in der Aufklärung bringen, scheint vergebens. Es wird Zeit. Zeit für klare Worte.