Stormarns Einnahmen aus Bußgeldern steigen auf das Fünffache - weil in der Baustelle auf der A 1 kräftig geblitzt wird. 500 000 Euro im ersten Quartal.

Bad Oldesloe. Mit dieser Einnahmequelle hatte niemand gerechnet: Im Kreis Stormarn gibt es eine Autobahnbaustelle, die seit Monaten Geld in die Kreiskasse spült. "Im ersten Quartal dieses Jahres sind es rund 500 000 Euro gewesen", sagt Oliver Löwenforst, der Leiter der Bußgeldstelle - das Ergebnis von Tempokontrollen vornehmlich im Bereich der Baustelle zwischen Ahrensburg und Buddikate. Es ist eine glatte Verfünffachung. Im Vorjahresquartal sind auf der A 1 nur rund 100 000 Euro an Bußgeldern zusammengekommen. "Das ist das, was wir üblicherweise in einem Quartal dort einnehmen", sagt Löwenforst. Aber mit Einrichtung der Baustelle zwischen Ahrensburg und dem Rastplatz Buddikate brachen goldene Zeiten an. Seit August wird dort gearbeitet, die Straßendecke auf der Fahrbahn Richtung Hamburg wird erneuert.

Der Polizeiüberwachungsdienst Neumünster ist seitdem mehrfach vor Ort gewesen. Eine mobile Radaranlage wurde aufgestellt, vorzugsweise am Anfang und am Ende der Baustelle. Dort darf in einem kurzen Abschnitt nur mit Tempo 60 gefahren werden. Viele Autofahrer halten sich nicht daran - und bringen so die Kassen zum Klingeln. Bis zu 200 Verkehrssünder werden pro Stunde geblitzt. Zu den Baustellengewinnlern zählt nicht nur Stormarn, sondern auch das Land Schleswig-Holstein. Das bekommt die Einnahmen aus den Verwarnungsgelder. Sie werden bei Geschwindigkeiten von bis zu 20 km/h über dem Tempolimit fällig. Wer noch schneller war, zahlt an den Kreis.

Warum hat sich der Verkehrsüberwachungsdienst Neumünster ausgerechnet diese Baustelle immer wieder vorgenommen? Bernd Drescher, der Sprecher der Landespolizei, sagt, dies sei ein "subjektiver Eindruck". "Wir sind maximal sechs- bis siebenmal im Monat dort, das ist nicht viel." Auf der A 1 passiere "eine Menge", deswegen seien die Kontrollen gerechtfertigt. Ob es im fraglichen Bereich viele Unfälle gegeben hat, konnte die Polizei gestern nicht beantworten. "Das muss per Hand ausgezählt werden", sagt Drescher. Laut Verkehrsunfallbericht der Landespolizei ist die Zahl der Unfälle auf der A 1 allerdings seit 2007 rückläufig.

Baustellen seien aber grundsätzlich Unfallschwerpunkte. "Schon allein zum Schutz der Bauarbeiter müssen wir dort dafür sorgen, dass die Geschwindigkeit eingehalten wird", so Drescher. Hilft es da, wenn am Anfang und am Ende der Baustelle geblitzt wird, nicht aber dort, wo tatsächlich die Fahrbahn erneuert wird? "Das hat natürlich einen Effekt. Dann wird im gesamten Baustellenbereich langsamer gefahren."

Nun hat die Polizei allerdings auch dann noch ihre Arbeit fortgesetzt, als die Baustelle schon längst ruhte. Mit dem Wintereinbruch Ende November wurden die Straßenbauer abgezogen. Grund: Es war viel zu kalt, um mit Beton zu arbeiten. Rund drei Monate lang war die Baustelle verwaist. Erst im März ging es weiter, erst dann waren die Temperaturen dauerhaft über den Nullpunkt gestiegen. Der Radaranlage machte der Frost nichts aus. Selbst zu ungewöhnlichen Zeiten wurde weitergeblitzt, zum Beispiel an manchen Wintersonntagen gegen neun Uhr. Nur nachts dürfte es auf der A 1 noch ruhiger sein. Drescher findet es nicht ungewöhnlich, Bauarbeiter zu schützen, die gar nicht da sind. "Es geht ja auch darum, die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu garantieren. Baustellen sind immer Engstellen, und zu hohe Geschwindigkeit ist eine der häufigsten Unfallursachen."

Aber nun ist ein Ende der Engstelle abzusehen. Irgendwann im Mai soll die Fahrbahn fertig sein. Die Tempo-60-Schilder werden verschwinden - und mit ihr die ermittelnden Polizisten und die Flut der Bußgeldzahlungen an den Kreis. Bedauert das der Landrat Klaus Plöger? "Ich bin begeistert, wenn die Baustelle verschwindet", sagt er. "Der volkswirtschaftliche Schaden durch die Staus auf der A 1 ist viel größer als das, was wir einnehmen."

Ein Plus von einer Million Euro hat der Kreis 2010 bei den Bußgeldern gemacht. Mit 1,35 Millionen Euro hatte man gerechnet, 2,3 Millionen Euro sind es geworden. "Das ist im Wesentlichen auf die Autobahnbaustelle zurückzuführen", sagt Oliver Löwenforst. Für dieses Jahr wurde die Prognose etwas heraufgesetzt. Nun rechnet der Kreis mit Einnahmen in Höhe von 1,6 Millionen Euro. 800 000 Euro sind im ersten Quartal schon hereingekommen. Bleiben noch drei Quartale, um weitere 800 000 Euro einzusammeln. Aber vielleicht lässt sich ja auch in diesem Jahr die Prognose übertreffen. Löwenhorst weiß: "Das steht und fällt mit der Autobahnbaustelle."