Handelskammern im Norden sehen für den Wirtschaftsraum A 1 glänzende Perspektiven - wenn alle zusammenhalten

Ahrensburg. Vor dem Hintergrund der geplanten festen Fehmarnbelt-Querung sprechen sie von einer der größten Wachstumsregionen in Europa, vom Kernstück der Metropolverbindung Ruhrgebiet-Hamburg-Kopenhagen. Stormarn liegt mittendrin. Gestern haben Mathias Schulz-Kleinfeldt, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Lübeck, und Prof. Hans-Jörg Schmidt-Trenz, Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Hamburg, dieser zukunftsträchtigen Region einen Namen gegeben: "Wirtschaftsraum A 1". In einem gemeinsam in Ahrensburg vorgestellten Positionspapier fordern sie, länderübergreifende Kooperationen auszubauen, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Region weiter zu stärken. Es ist der bislang weitreichendste und konkreteste Versuch beider Kammern, Schleswig-Holstein und Hamburg besser zu vernetzen. Ihr Termin in Ahrensburg: ein historischer Handschlag an der A 1.

Die Kooperation ist nach Worten Matthias Schulz-Kleinfeldts dringend notwendig. "Die Wirtschaft macht nicht vor Ländergrenzen halt", sagte er. Gefragt sei daher ein Denken und Handeln in Regionen. Schulz-Kleinfeldt: "Nur wenn Politik und Verwaltung bereit sind, über Ländergrenzen und Gebietskörperschaften hinweg zu agieren, findet die Wirtschaft die notwendigen Rahmenbedingungen vor, um erfolgreich zu bestehen."

Sein Hamburger Kollege Schmidt-Trenz zitierte aus dem Positionspapier, was das im Einzelnen bedeute. Es sind Forderungen an unterschiedliche Adressaten - auch an die Wirtschaft selbst. Ein Stichwort ist die überregionale Branchenkooperation. Firmen beiderseits der Landesgrenze sollten ihre Interessenvertretungen bündeln, um stärker auftreten zu können. Sie müssten beim Marketing kooperieren, etwa im Tourismus. Schmidt-Tenz: "Zum Beispiel könnten wir eine A-1-Card einführen, die attraktive Angebote wie Gutscheine und Vergünstigungen für Touristen zusammenfasst."

Auch der Verkauf von Gewerbeflächen müsse interkommunal und länderübergreifend angegangen werden. "Hier wird in vielen Bereichen immer noch Kirchturmpolitik betrieben", sagte Schmidt-Trenz. Die Vision: der "One-Stop-Shop" - eine einzige Anlaufstelle für Unternehmen, die in der Region auf der Suche nach Gewerbeflächen sind. Im Positionspapier ist von gemeinsamen Messeauftritten der Wirtschaftsförderer ebenso die Rede wie von interkommunalen Gewerbegebieten. Der Korridor entlang der A 1 für solche Gebiete sei eng zu fassen. "Die Unternehmen werden an die Autobahn wollen, und darauf müssen sich die Kommunen einstellen", so Schmidt-Trenz. Er nannte die Autobahn von Mailand nach Venedig, die gesäumt sei von "einem einzigen Gewerbegebiet".

Kommunen etwas abseits der Autobahn müssten kreativ sein. Sie könnten sich, so der Vorschlag des Hamburgers, einen Partner in Autobahnlage suchen, ein gemeinsames Gewerbegebiet errichten und die Einnahmen teilen.

Vor allem aber warnte er die Kommunen mit "Luxusproblemen" - jene Städte, die meinen, keine Gewerbeflächen mehr ausweisen zu müssen, weil es ihnen finanziell gut gehe: "Unternehmen kommen und gehen. Und es wird findige Landräte und Bürgermeister geben, die diese riesige Chance nutzen."

Damit es für Arbeitnehmer egal sei, auf welcher Seite der Landesgrenze sie leben, fordert das Positionspapier auch "grenzüberschreitende Absprachen bei der Ausrichtung der schulischen Angebote", die flächendeckende Einführung der Ganztagsschule sowie ein besseres Betreuungsangebot für Klein- und Vorschulkinder.

Neben den von den Kammern bereits seit längerem geforderten Verkehrsprojekten - dazu gehören der Weiterbau der A 20 mit einer Elbquerung westlich von Hamburg, die Verlängerung der A 21 mit einer Elbquerung östlich von Hamburg und der Bau der S 4 bis Ahrensburg - sehen die Verfasser des Positionspapiers außerdem die Notwendigkeit, die bestehende Eisenbahnstrecke zu einer hochgeschwindigkeitstauglichen Trasse auszubauen.

Sowohl Matthias Schulz-Kleinfeldt als auch Hans-Jörg Schmidt-Trenz sind überzeugt davon, dass ihre Forderungen in der Politik auf offene Ohren treffen - in Hamburg momentan womöglich noch stärker als in Schleswig-Holstein. Einen Garant dafür sieht Schulz-Kleinfeldt im neuen Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos), der bis zu seiner Berufung in Olaf Scholz' Schattenkabinett Präses der Handelskammer gewesen ist. "Horch hat das Thema Zusammenarbeit immer befördert", so Schulz-Kleinfeldt.

"Es ist immer gut, wenn es auf beiden Seiten stabile Regierungen gibt", sagte Hans-Jörg Schmidt-Trenz. Zumindest in Hamburg sei das nun der Fall. Er sprach bereits von einer "neuen Stufe der Regierungszusammenarbeit, weil die Zwänge der Globalisierung das erfordern".