Viele Autofahrer vermissen Informationen über den neuen Biosprit. An Tankstellen gibt es kaum Auskunft über die Verträglichkeit von E 10

Bad Oldesloe/ Bargteheide. Der neue Biosprit E 10 und die mangelnde Information über Vorteile und Risiken in der derzeit laufenden Einführungsphase wird bundesweit kritisiert. Sogar Umweltschutzverbände bezweifeln den ökologischen Nutzen des Kraftstoffes, dem zehn Prozent Bioethanol aus Getreide und Zuckerrüben beigemischt ist. Auch an Stormarner Tankstellen herrscht Verwirrung. In einer nicht repräsentativen Umfrage der Regionalausgabe Stormarn des Abendblattes zeigten sich die Befragten skeptisch gegenüber der Einführung des neuen Kraftstoffes. Keiner von ihnen hat E 10 bisher getankt. Viele lehnen den neuen Biosprit ab oder haben Angst, etwas falsch zu machen. "Ich halte E 10 für einen einzigen Flop", sagt Hartmut Brünger. "Wenn der neue Biokraftstoff für uns wirklich wichtig wäre, dann wären wir richtig informiert worden." Der 64 Jahre alte Oldesloer ist enttäuscht. "Die Verbraucher wurden nicht an E 10 herangeführt."

Thomas Kinnert, Stationsleiter einer Tankstelle in Bargteheide, sagt: "Die Informationen sind sehr dürftig." Deswegen seien die Autofahrer wenig begeistert von der Benzinalternative. Kinnert: "Alle sind sehr ängstlich." Täglich werde er von verunsicherten Kunden gefragt, ob ihre Autos das neue Benzin überhaupt vertragen. So geht es auch Jens Kohlbecher, Tankwart aus Bad Oldesloe. "Wir können dazu aber keine konkreten Angaben machen. Die Kunden müssen sich die Freigabe vom Hersteller holen", sagt er. "Ansonsten machen wir uns haftbar für eventuell entstehende Schäden." Seit ein paar Wochen klingelt deshalb zum Beispiel im Barsbütteler Autohaus Ahrens das Telefon häufiger als sonst. Verkaufsberater Christian Freitag, 29, sagt: "Alle wollen wissen: Darf ich E 10 tanken oder nicht? Die Menschen wurden einfach schlecht informiert und das verunsichert."

Doch nicht die mangelnde Aufklärung, auch der Kraftstoff selbst erregt die Gemüter. Martina Prange aus Bargteheide sagt: "Ich finde es nicht gut, dass landwirtschaftliche Flächen für den Gewinn von Kraftstoffen genutzt werden. Das ist vom Prinzip her nicht richtig." Ein anderer Autofahrer ergänzt: "Das Umweltargument ist absoluter Schwachsinn. Die Herstellung von diesem sogenannten Biosprit ist insgesamt viel umweltschädlicher und erzeugt mehr CO2-Ausstoß als die Weiterfahrt mit den bisherigen Kraftstoffen."

Nur etwa die Hälfte der bundesweit 15 000 Tankstellen bietet den neuen Biosprit bislang an, die Einführung an allen anderen Tankstellen wurde bis auf weiteres gestoppt. Viele Tankstellen haben bereits einen Ausverkauf bei Super Plus und Super E 5 gemeldet. Denn auf diese Kraftstoffe weicht die Mehrheit der Bürger aus, die ihr Auto nicht mit dem Biosprit betanken wollen.

"Das ist ein Dilemma", sagt Hagen Held, 48. Der Kaufmann aus Bad Oldesloe sieht ein großes Problem in der "fatalen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen". Deswegen gehe E 10 in die richtige Richtung - nicht jedoch die Umsetzung. "Die Politik will was durchsetzen, die Wirtschaft will nichts verändern - und der Verbraucher wird einfach nicht informiert", sagt er. "Das kann ich nicht nachvollziehen. Alle sollten doch an einem Strang ziehen."

Für Matthias Schmitting, Sprecher des ADAC Hansa in Hamburg, sind die Bundesregierung und die Mineralölkonzerne Schuld an der Verunsicherung der Verbraucher. "Ihre Informationspolitik war desaströs. Es wurde versäumt, die Autofahrer richtig aufzuklären." Um den neuen Biokraftstoff durchzudrücken, werde der alte Kraftstoff E 5 wesentlich teurer angeboten. Diese Strategie sei aber fehlgeschlagen. "Die Verunsicherung der Autofahrer ist so groß, dass sie sogar bereit sind, bis zu zehn Cent mehr für das alte Super E 5 zu bezahlen", sagt Schmitting. "Die Verbraucher haben gezeigt, dass sie E 10 nicht wollen."