Firma Dibbern droht mit Abwanderung und löst eine Kehrtwende bei der SPD aus. Bürgermeister: Enttäuschung der Investoren nachvollziehbar.

Bargteheide. In Bargteheide wird es nun doch keine Biogasanlage geben. Das Bauleitverfahren ist gestoppt, das Vorhaben der beiden Investoren gescheitert. Dabei hatte die Politik gerade erst grünes Licht gegeben und in der Januar-Sitzung des Stadtplanungsausschusses mehrheitlich den B-Plan 42 aufgestellt. Nun steht die Ampel auf Rot. Die SPD hat sich um 180 Grad gedreht. So überraschend die Wende, so überraschend auch die Gründe für den Sinneswandel. "Das ist ganz einfach. Die Firma Dibbern hat gesagt, wenn es bei ihnen zu Beeinträchtigungen durch die Biogasanlage kommt, ziehen sie weg. Ich möchte die Stadt sehen, die einen sechsstelligen Verlust von Gewerbesteuern verkraften könnte", sagt Ausschussmitglied Peter Anklam (SPD).

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Jürgen Weingärtner habe noch mit dem Firmenchef gesprochen. Ohne Erfolg. So lehnten die vier Sozialdemokraten in der jüngsten Ausschusssitzung den erforderlichen zweiten Planungsschritt ab und votierten gegen den Auslegungsbeschluss des B-Planes 42 für das Grundstück gegenüber des Famila-Verbrauchermarkts. Hier, südlich der L 89, östlich des Delingsdorfer Redders, sollte eine mit Mais und Gülle betriebene Biogasanlage entstehen - mit einer Jahresleistung von 0,8 Megawatt. Das ist jetzt Geschichte.

Auf die Frage, ob die Wirtschaft hier nicht zu starken Einfluss auf die politische Willensbildung nehme, antwortet Peter Anklam zurückhaltend: "Wir sind nicht grundsätzlich gegen die Biogasanlage. Aber in diesem Fall und mit diesem Standort war es eben sehr schwierig." Und ein anderer Standort ist nicht in Sicht. 15 verschiedene Grundstücke hatte die Stadt für das Bauvorhaben untersucht. Zum Schluss blieb die Fläche in der Nähe des Gewerbegebietes Langenhorst übrig. Genau diesen Standort hatten auch die Investoren ausgesucht. Nun müssen sie sich einen anderen Ort suchen.

Ebenfalls Nein sagten die beiden Mitglieder der Wählergemeinschaft für Bargteheide (WfB), die schon während des gesamten Verfahrens das Projekt abgelehnt hatten. Ihr Hauptargument - außer ökologischen Bedenken - war von Anfang an das fehlende Klimakonzept für die Stadt. Das müsse zuerst entwickelt werden, erst dann könne man über eine Biogasanlage sprechen. Auf der Seite der Befürworter: die fünf Mitglieder der CDU und der Vertreter der FDP. So gab es schließlich ein Patt mit sechs zu sechs Stimmen. Der Beschluss scheiterte damit und besiegelte das Aus für die Biogasanlage - nach fast einjähriger intensiver Beratung.

Die Überraschung war perfekt, vor allem für die Investoren, die nun nicht nur ihr Projekt abhaken können, sondern auch auf den Kosten sitzen bleiben. "Das dürfte ein fünfstelliger Betrag sein", sagt Bargteheides Bürgermeister Henning Görtz. Die Stadt selbst trägt keine finanziellen Verluste davon. "In einem städtebaulichen Vertrag ist die Übernahme aller Kosten durch die Investoren geregelt", sagt Görtz.

Dass ein Planverfahren abgebrochen werde, sei nicht ungewöhnlich. "Aber dies war in der Tat schon weit vorangeschritten. Die Enttäuschung der Investoren ist daher verständlich", so der Verwaltungschef. Dennoch sei von vorneherein klar gewesen, dass es Bedenken gibt und dass das Vorhaben scheitern könnte. Görtz : "Es gab von Anfang an Kritik, die auch durchaus nachvollziehbar war. Zum Beispiel die Nähe zum Moor oder auch der zunehmende Verkehr."

Der Konflikt mit den benachbarten Firmen habe das Projekt ebenfalls von Anfang an begleitet. Görtz: "Liegt eine solche Anlage weit weg, gibt es den Konflikt nicht. Aber dann kann die Wärme auch nicht so gut abgenommen werden. Und dann ist der ökologische Nutzen bei weitem nicht mehr so groß. Wir sind den Betrieben in der Heinrich-Hertz-Straße schon entgegengekommen und haben die Anlage um 80 Meter verschoben und die Zufahrt verlegt. Es ist bedauerlich, dass der Konflikt trotzdem nicht gelöst werden konnte."

Der Porzellanhersteller Dibbern hatte sich im Beteiligungsverfahren zu dem Bau der Anlage geäußert und seine Bedenken in einem Brief auch dem Bürgermeister mitgeteilt. "Wir begrüßen die Entscheidung des Ausschusses außerordentlich. Der Geruch von gärendem Mais wäre unmittelbar zu uns rübergeweht", sagt Inhaber Bernd Dibbern, "wir sind ein international tätiges Unternehmen. Das hätten wir unseren Gästen nicht zumuten können."

Unzumutbar wäre auch der Transport von Mais und Gülle mit schweren Lastwagen gewesen. Dibbern: "Das dauert ja nich nur ein paar Tage, sondern Wochen. Da kommen Lkw und Trecker im Minutentakt."

Bernd Dibbern ist auch verärgert, dass er und die anderen Firmen nicht früher einbezogen und informiert wurden. "Hier sollte etwas im Hau-Ruck-Verfahren durchgesetzt werden", bemängelt der Unternehmer. Im Übrigen habe sich jetzt nicht einfach die Wirtschaft durchgesetzt. Dibbern: "Es waren auch immer Teile der SPD gegen die Biogasanlage. Und selbst in der CDU hatte sich Kritik geregt." Erstaunt sei ergewesen, als er nach dem Nutzen dieser Anlage für die Stadt Bargteheide gefragt habe: "Das konnte mir niemand sagen. Es ging es wohl hauptsächlich um die Interessen zweier Landwirte."