Dürfen Ehemänner Priester sein? Auch Stormarner Katholiken stellen den Zölibat zur Diskussion. Doch der Erzbischof will an der Tradition festhalten

Ahrensburg. Diskussionen über verheiratete Priester, Segnung gleichgeschlechtlicher Lebenspartner, Zugeständnisse in der Kondom-Frage - es sind kleine Schritte, mit denen die katholische Kirche seit einigen Jahren vorangeht. Aber da es um seit Jahrhunderten geltende Überzeugungen und Traditionen geht, scheint es, als seien die Kirchenoberen in Sieben-Meilen-Stiefel geschlüpft. Angetrieben werden sie aus den eigenen Reihen. Auf Initiative einer Gruppe katholischer CDU-Politiker hat sich die Bischofskonferenz nun für eine Diskussion um den Zölibat offen gezeigt. Es geht um die Frage, ob auch verheiratete Männer zum Priesteramt zugelassen werden sollen.

Hintergrund sind Nachwuchsprobleme in vielen Gemeinden. Werner Thissen, Erzbischof von Hamburg, Mecklenburg und Schleswig-Holstein und damit auch zuständig für rund 26 000 Katholiken im Dekanat Stormarn/Lauenburg, begrüßt die Debatte. Doch eine Öffnung des Priesteramts für verheiratete Männer lehnt Thissen ab. "Wir müssen uns immer wieder neu bewusst machen, was für einen wertvollen Schatz wir mit dem Zölibat in unserer Kirche haben", sagte der Erzbischof auf Anfrage der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn. "Der Zölibat ist ein kraftvolles Zeichen dafür, dass ein Mensch es ernst meint mit seiner Berufung und mit seiner Lebensentscheidung. Es ist ein Zeichen der Verbindlichkeit. Solche Zeichen braucht unsere Gesellschaft."

Um mehr junge Menschen für kirchliche Berufe zu gewinnen, sei eine gute Jugendarbeit wichtig. Zudem gebe es Angebote, die sich an junge Männer richten, die sich vorstellen können, Priester zu werden. Noch sind fast alle Pfarreien im Erzbistum besetzt. "Aber der Altersdurchschnitt der Priester ist hoch", sagt Thissen. Es gingen mehr Geistliche in den Ruhestand als junge Männer in den Dienst träten. Das liegt nach Ansicht des Erzbischofs jedoch nicht an der Ehelosigkeit. "Den hauptsächlichen Grund für den fehlenden Nachwuchs sehe ich im Nachlassen einer unbedingten Glaubensüberzeugung bei vielen Menschen."

Anders als der Erzbischof können sich Pfarrer der katholischen Kirchengemeinden in Stormarn durchaus vorstellen, dass verheiratete Männer zum Priester geweiht werden. "Es ist gut, dass darüber nachgedacht wird", sagt Pfarrer Hubert Fischer von der Gemeinde St. Vicelin in Bad Oldesloe. In der griechisch-katholischen Kirche gebe es beispielsweise bereits verheiratete Priester. Die Tradition des ehelosen Priesters stamme aus einer Zeit, in der Geistliche mobil sein mussten, um ihren Missionsauftrag zu erfüllen, sagt Fischer. Das sei heute nicht mehr so. Zudem nehme die spirituelle Bedeutung der Ehelosigkeit im Priesteramt ab.

"Unsere Zeit ist nicht mehr so gläubig. Heute scheinen sich kaum noch Menschen so stark berufen zu fühlen", sagt Fischer. Deshalb befürworte er, was der Apostel Paulus gesagt habe: "Verheiratet ist gut, nicht verheiratet ist besser." Den Priestermangel sieht Fischer in Zusammenhang mit dem Geburtenrückgang. "Die Menschen lassen sich weniger von Gott vorschreiben." So könnten beispielsweise Diakone ihr Amt auch verheiratet antreten. Dabei sei es enorm wichtig, dass die Ehefrau den Schritt mittrage, sagt Hubert Fischer. Er selbst sei stark eingespannt als Pfarrer. "Ich kann mir schwer vorstellen, wie ich einer Familie gerecht werden sollte. Aber wir schießen uns selbst ins Bein, wenn wir die verheirateten Männer nicht berücksichtigen. Bloß sind die Bischöfe und der Papst leider nicht so entscheidungsfreudig."

Michael Grodecki, Pfarrer der Kirchengemeinde St. Marien in Ahrensburg, betont, dass der Zölibat immer ein geistliches Element der Kirche gewesen sei. Er sagt: "Das kann man nicht einfach abschaffen." Auch werde es ihn immer geben, zum Beispiel bei Mönchen.

Eine Diskussion über den "Pflichtzölibat" sei jedoch möglich. Denn die Ehelosigkeit sei nicht immer vorgegeben gewesen. Der Apostel Petrus habe beispielsweise eine Schwiegermutter gehabt, sei also verheiratet gewesen.

Zwar habe die römisch-katholische Kirche bisher am Zölibat festgehalten. "Das bedeutet aber nicht, dass das so bleiben muss", sagt Grodecki. So könne das Priesteramt - wie bereits in anderen Kirchen üblich - für sogenannte viri probati, verheiratete Männer, die sich im Berufsleben bewährt haben, geöffnet werden. "Solche Dinge sind möglich und werden in der Kirche auch diskutiert", sagt der Pfarrer. Allerdings würden weltkirchliche Entscheidungen nicht auf örtlicher Ebene gefällt - katholisch bedeute stets weltweit. "Aus meiner Sicht spräche nichts gegen verheiratete Priester. Aber das wird vielleicht in Afrika oder Südamerika anders gesehen", sagt Grodecki. Deshalb berge die Frage ein gewisses Spaltungspotenzial für die katholische Kirche. "Es hilft nicht, wenn das Thema emotional aufgebauscht wird. Hier ist Sachlichkeit gefragt, um gemeinsam eine Lösung zu finden."

Und was sagen Mitglieder der katholischen Gemeinden in Stormarn zu der aktuellen Zölibatsdebatte? "Ich habe keinen Änderungswunsch", sagt Tilman Repgen, Mitglied im Kirchenvorstand der katholischen Kirchengemeinde Seliger Niels Stensen in Reinbek. "Die Einrichtung des Zölibats beruht auf einer langen Tradition und hat sich bewährt. Zudem gibt es theologisch wichtige Gründe dafür, auf die die Kritiker nicht ausreichend eingehen." Dazu zähle beispielsweise das Selbstverständnis Jesu Christi als "Bräutigam der Kirche". Beate Finger, seit vielen Jahren aktiv in der Oldesloer Kirchengemeinde, sagt: "Ich finde es gut so, wie es ist." Dennoch sei es positiv, dass über das Thema gesprochen werde und in der Kirche eine Entwicklung zu beobachten sei. "Unsere Zeit ist so, dass das Priesteramt für verheiratete Männer wohl kommen wird."