Problematische Amtsordnung: Die geplante Gesetzesänderung des Innenministers Klaus Schlie stößt selbst bei Parteifreunden auf Kritik.

Ahrensburg. Mit seinen Vorschlägen zur Änderung der Amtsordnung stößt Innenminister Klaus Schlie (CDU) selbst bei Parteifreunden auf Widerstand. Uwe Tillmann-Mumm, Amtsvorsteher in Trittau und seit 27 Jahren Mitglied der Christdemokraten, sagt: "Das ist ein Rückschritt hoch drei." Und sein Kollege Ortwin Jahnke, ebenfalls CDU-Mitglied und Amtsvorsteher in Siek, kritisiert die Aussage des Ministers, mit der Neuregelung das gemeindliche Ehrenamt stärken zu wollen. Jahnke: "Das ist doch Augenwischerei."

Der Vorstoß des Innenministers ist ein erzwungener. Das Landesverfassungsgericht hatte - wie berichtet - Teile der Amtsordnung für rechtswidrig erklärt. Kernpunkt der Kritik: Die Gemeinden übertragen zu viele ihrer Aufgaben auf die Amtsverwaltungen. Denen wiederum fehlt es an einem durch Wahlen legitimierten Entscheidungsgremium. Mit anderen Worten: Es gibt ein Demokratiedefizit.

Nun muss eine Änderung her. Über die wird seit Monaten auf Veranstaltungen überall im Land debattiert, zu denen der Minister geladen hatte. Aber Schlie will offenbar nicht so, wie die Gemeinden in ihrer großen Mehrheit wollen. Zwei Lösungen des Rechtsproblems stehen zur Wahl. Schlie möchte sämtliche auf die Ämter übertragenen Aufgaben wieder den Gemeinden zuschieben. Die können dann für einzelne Aufgaben mit anderen Kommunen Zweckverbände bilden. Beispielsweise einen Schulverband oder einen Abwasserverband. Die würden dann wieder von den jeweiligen Amtsverwaltungen betreut werden. Das klingt ein bisschen nach altem Wein in neuen Schläuchen. Bei den Praktikern auf der Amtsebene kommt der Schlie-Vorschlag nicht gut an. "Wir haben gut funktionierende Ämter, die müssen Aufgaben übernehmen können. Zweckverbände führen nur zu mehr Bürokratie", sagt Uwe Tillmann-Mumm. Er favorisiert eine andere Lösung, die auch der schleswig-holsteinische Gemeindetag bevorzugt: Die Amtsordnung wird um eine Liste von wichtigen Aufgaben ergänzt, die stets in der Hand der Gemeinden bleiben müssen und nicht übertragen werden dürfen.

Helmut Drenkhahn, Amtsvorsteher Bargteheide-Land, findet: "Am besten ist es so, wie es jetzt ist." Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung und Bauhof: Diese Aufgaben müssten in seinem Amt an die Gemeinden zurückgegeben werden, wenn der Schliesche Vorschlag Gesetz wird. Drenkhahn: "Die Gründung von Zweckverbänden wäre mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden." Grund: Jeder Verband braucht einen eigenen Gründungsvertrag, eine eigene Satzung, jedes Jahr einen eigenen Haushalt, einen Verbandsvorsteher und eine Verbandsversammlung.

Sönke Hansen ist Leiter der Amtsverwaltung Nordstormarn. Es wäre von den geplanten Gesetzesänderungen besonders betroffen. Zwei Schulen managt die Amtsverwaltung - die in Zarpen und die in Hamberge. Dafür müssten nun Zweckverbände gebildet werden. "Für die Bürger ist das völlig unerheblich, aber für die Verwaltung ist es mehr Arbeit", sagt Hansen.

Ein Beispiel: Während jetzt im Amtsausschuss entschieden wird, wie viel Geld die Zarpener Schule wofür ausgeben darf, wird künftig der Schuletat in jeder Gemeindevertretung der fünf Gemeinden beschlossen werden, die einen Schulverband bilden könnten. Wenn eine Gemeindevertretung mit einem Ausgabenposten nicht einverstanden sein sollte, müsste der Etat geändert und erneut in allen Gemeindevertretungen beschlossen werden, bevor er wirksam wird. Hansen: "Es gibt in Schleswig-Holstein auch Ämter mit 30 Gemeinden. Da werden solche Entscheidungen zum Beratungsmarathon."

Ob die Kommunalpolitiker diese zusätzlichen Beratungspunkte, ob sie die notwendigerweise dadurch verlängerte Sitzungsdauer tatsächlich als Stärkung des Ehrenamtes empfinden, wird sich zeigen müssen. Hansen hat da so seine Zweifel: "Das ist viel Arbeit, und ich finde nicht, dass es mit Zweckverbänden demokratischer wird."

Dennoch hält das Ministerium an seiner Position fest. Offenbar ist man in Kiel der Ansicht, die Rückübertragung der Aufgaben sei die Lösung, die Rechtssicherheit garantiere. Hansen: "Ich glaube nicht, dass man das jetzt noch zurückdrehen kann."

Schlie will den Gesetzentwurf für die geänderte Amtsordnung nun vor der Sommerpause dem Parlament vorlegen. Das könnte dann Ende des Jahres oder vielleicht auch erst Anfang 2012 darüber entscheiden. Zu spät, findet Thomas Schreitmüller, Geschäftsführer des Gemeindetags in Stormarn. "Wir brauchen schnell eine verfassungsgemäße Regelung", sagt der Barsbütteler Bürgermeister. Denn so lange es die nicht gebe, herrsche Stillstand in den Gemeinden, Aufgabenübertragungen seien derzeit nicht möglich. Schreitmüller ist dennoch nach wie vor "energisch dagegen", das Problem so zu lösen, wie es der Klaus Schlie vorschlägt. "Das ist viel zu bürokratisch", sagt er, "aber vielleicht können wir den Minister ja noch von den Vorteilen unseres Vorschlags überzeugen." Überzeugen will auch der Minister. Jüngst veröffentlichte er eine 19-seitige Erklärung seiner Gesetzesänderung - um "Missverständnisse auszuräumen".