Ein herren- aber harmloser Koffer löste einen Großeinsatz in Ahrensburg aus. Die Bahnstrecke wurde zwei Stunden gesperrt, Züge fielen aus.

Ahrensburg. Dies ist die Geschichte von einem kleinen herrenlosen Koffer in einer Regionalbahn, der am späten Mittwochabend in Ahrensburg einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst hat. Sie offenbart abermals, dass die Deutsche Bahn AG in Krisensituationen schnell an ihre Grenzen stößt. "Die Informationskette hat hier offensichtlich nicht optimal funktioniert", sagt Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis später. Dies ist auch die Geschichte vom Journalisten Gerd Jankuhn, 51, aus Bad Oldesloe, der mit seiner Frau Stefanie ein Konzert in der Hamburger Fabrik besucht hat. Und der einfach nur hat nach Hause fahren wollen, so wie Hunderte von anderen Reisenden.

Es ist 22.08 Uhr. Die Regionalbahn 21 336 ist gerade im Ahrensburger Bahnhof angekommen, die Fahrgäste sind ausgestiegen, als es einem Zugbegleiter auffällt: Ganz vorn im Steuerwagen, zwischen den Klappsitzen, steht ein Schalenkoffer auf dem Abteilboden. Ein verdächtiger Gegenstand, vom Besitzer keine Spur. Um diese Zeit sitzt Gerd Jankuhn arglos in der Fabrik. Auf der Bühne: ZAZ, eine junge französische Chansonsängerin.

22.20 Uhr. In der Notfallleitstelle der Deutschen Bahn in Hannover geht die Meldung vom Kofferfund ein. 20 Minuten vergehen, ehe um 22.40 Uhr die Polizei in Ahrensburg informiert wird. Die schaltet weitere fünf Minuten später die Bundespolizei ein. Um 22.50 Uhr: Der Bahnverkehr zwischen Hamburg-Rahlstedt und Bargteheide wird eingestellt. Die Deutsche Bahn dirigiert Busse an beide Bahnhöfe.

Unterdessen machen sich Bundespolizisten von Lübeck aus auf den Weg nach Ahrensburg. Die ersten Beamten treffen um 23 Uhr ein. Sie kommen schnell zu dem Schluss, dass sie die Unterstützung speziell geschulter Kollegen benötigen. Das sind Beamte, die Koffer durchleuchten können. Und genau das machen sie, als sie gegen 0.30 Uhr eingetroffen sind.

Zur selben Zeit am Hamburger Hauptbahnhof. Das ZAZ-Konzert ist längst zu Ende. Ehepaar Jankuhn will in den Zug nach Lübeck steigen. Der ist für Gleis 7 angekündigt, aber nicht da. Die Wartenden sollen in einen Zug auf Gleis 8 einsteigen. Anzeige auf dem Bahnsteig: "Nicht einsteigen". Die Fahrdienstleiterin spricht mit dem Lokführer. Ergebnis: Zug bleibt in Hamburg, alle Fahrgäste sollen wieder aussteigen. Von Gleis 7 geht es schließlich mit zehnminütiger Verspätung doch los. "Wir dachten, jetzt wird alles gut", sagt Gerd Jankuhn. Doch in Rahlstedt stoppt der Zug: "Zugfahrt endet hier wegen Bombenräumeinsatz in Ahrensburg. Schienenersatzverkehr."

Was Gerd Jankuhn nicht weiß: Die Spezialisten mit dem Röntgenblick haben den Koffer inzwischen durchleuchtet. Sie haben Klamotten gesehen und Waschutensilien. Entwarnung!

Um 0.44 Uhr wird die Bahnstrecke wieder freigegeben. Elf Züge sind ausgefallen. Ehepaar Jankuhn und die anderen Reisenden stehen zu der Zeit in Rahlstedt auf dem Bahnsteig. Der Zugführer sagt, er fahre wieder zurück nach Hamburg. Der Zugbegleiter sagt, er habe bis gerade gar nichts von einer Sperrung gewusst. In diesem Moment rauschen zwei Güterzüge vorbei - auf die angeblich gesperrte Strecke.

Die Passagiere suchen die Ersatzbusse. "Aber die waren nicht da oder schon abgefahren", sagt Gerd Jankuhn. Entnervt nimmt er ein Taxi..