Heute wird das Inventar des beliebten Restaurants versteigert. Großenseer weiter verunsichert über Zukunftspläne

Großensee. Heute wird das letzte Kapitel für eines der wohl beliebtesten Ausflugslokale Stormarns mit Seeblick und angegliedertem Strandbad aufgeschlagen. Im Restaurant "Zur Corbek" beginnt der große Ausverkauf. Das Inventar muss raus. Die Versteigerung mit Auktionator Wolfgang Mutz startet um 14 Uhr. Ob Gasherd, Arbeitstische, die alte Wäschemangel oder die Kaffeekannen-Sammlung von Brigitte Thumann - alles ist zu kaufen.

Ende der Woche übergibt die Pächterin die Schlüssel. Viele Stammgäste stimmt das traurig. "Wir sind oft und gern hier gewesen. Das Essen war reichlich und gut, der Service zuvorkommend und persönlich. Solch ein Ambiente findet man heute nicht mehr oft", sagt Heinz Peintner. Er ist mit Ehefrau Heike extra aus Braak nach Großensee gekommen, um sich von Brigitte Thumann und ihrem Team zu verabschieden. Viele andere Gäste haben angerufen, Karten oder Briefe geschickt und ihrem tiefen Bedauern Ausdruck verliehen, dass "nichts so bleiben kann, wie es einmal war".

Das Schicksal der Corbek war besiegelt, als die Gemeindevertreter den Pachtvertrag mit Brigitte Thumann nicht verlängerten, sondern einem neuen Bewerber den Vorzug gaben. Der Schock über die Entscheidung saß tief. "Ich und meine Ideen, wir sind wohl einfach zu alt", sagt Thumann. Auch unter den Großenseer Bürgern regte sich großer Unmut.

Bürgermeister Karsten Lindemann-Eggers teilte der Gemeinde mit, dass der neue Pächter ein überzeugendes Konzept vorgelegt habe, das auch ein jüngeres Publikum nach Großensee locken werde. Er beteuerte auch, dass Discos mit lauter Musik im Strandbad nicht vorgesehen seien. Die Bürger hat er nicht überzeugt. Bis heute kennen sie weder Einzelheiten über das Konzept, noch wissen sie offiziell, wer das Restaurant und das dazu gehörige Strandbad künftig betreiben wird.

Der Bürgermeister sagt bis heute, er sei nicht befugt, den Namen zu nennen, weil der Vertragspartner dazu seine Zustimmung geben müsste. Inoffiziell aber hatte sich in der Gemeinde sehr schnell herumgesprochen, dass der Ahrensburger Felix Schickler das Restaurant mit Strandbad von der Gemeinde ab Januar pachten wird. Dass er um sein Konzept bislang ein Geheimnis macht, deuten viele Bürger als Indiz dafür, dass am Großensee künftig große Partys veranstaltet werden könnten.

550 Großenseer haben bereits Protest-Unterschriften übergeben. Erste Stimmen werden laut, gegen zu viel Lärm am See werde man sich juristisch zur Wehr setzen. Auch auf mehrfache Anfrage dieser Zeitung verweigerte Schickler Auskünfte zum Konzept.

16 Jahre lang haben Brigitte Thumann und ihr Team ihre Gäste verwöhnt. Prominente Besucher haben sie empfangen, Fußball-Legende Uwe Seeler zum Beispiel. Familienfeiern haben sie ausgerichtet. Wenn eine Feier mal nicht so richtig in Schwung kam, hat Brigitte Thumann nachgeholfen und mit Witzen und kleinen Geschichtendie Gesellschaft zum Lachen gebracht.

Am zweiten Weihnachtstag wurde zum letzten Mal serviert. Es gab unter anderem die "Corbek-Gans". Mit Tränen in den Augen hätten einige Gäste Abschied genommen, erzählt Brigitte Thumann.

Am Morgen danach sind die Tische beiseite geräumt. Thumann und ihr Team stapeln Geschirr, Gläser, Töpfe, Pfannen, Dekoartikel. Malte Thumann muss an den 23. Dezember 1999 denken, als das Haus über Nacht ein Opfer von Flammen wurde. Da musste auch aufgeräumt werden. Kellner Alfred sagt im Vorbeigehen: "Es ist, als würde ein Stück von einem selbst verscherbelt."

Alfred war eine Institution, wie die Corbek selbst. Er kannte seine Gäste, wusste, wem er welches Getränk servieren musste, kannte ihre Sorgen und war immer darauf bedacht, ihnen jeden Wunsch zu erfüllen. Der 65-Jährige geht nun in Rente, wird jedoch tageweise im benachbarten Strandhus kellnern. Vor 25 Jahren hatte der gebürtige Bayer dort begonnen. "So schließt sich der Kreis", sagt er.

Auch Küchenchef Kai Manke hat bei Hamit Kaska, dem Inhaber des Strandhus, einen Arbeitsplatz gefunden. Für die anderen Corbek-Angestellten ist die Zukunft ungewiss.

Brigitte Thumann will sich nicht unterkriegen lassen. Einen Neuanfang in der Gastronomie will sie nicht wagen. Aber Kulturarbeit wolle sie weiterhin machen. Dass sie darin genau so erfolgreich ist, hat sie mit der Veranstaltungsreihe des "Großenseer Kulturwinters" bewiesen. Sie sagt: "Ich habe Anfragen und arbeite an einem Konzept."