Seit Sonntag ist der neue Ahrensburger Bahnhof Gartenholz in Betrieb. Ab sofort halten hier täglich rund 60 Züge

Ahrensburg. "Darauf warten wir seit einem Jahr", sagt Sibylle Lietzau, "und nun ist es endlich so weit." Gemeinsam mit ihrem Mann Wolfgang und ihrem Bekannten Jörg Willhöft geht die Ahrensburgerin die Treppe bis zum Bahnsteig hinunter. Es ist Sonntagmorgen, 10.35 Uhr. In elf Minuten kommt die Regionalbahn Richtung Hamburg am neuen Haltepunkt Gartenholz vorbei - und im Unterschied zu den vergangenen zwölf Monaten wird sie dieses Mal dort auch stoppen.

Mit einem Jahr Verspätung haben gestern die ersten Züge am Bahnhof Gartenholz gehalten. Seit November 2009 ist der neue Haltepunkt eigentlich schon fertig. Seitdem stehen Gleise, die beiden 203 Meter langen Bahnsteige, Treppen, die neue Fußgängerbrücke, Anzeigentafeln, Automaten und die Park-and-ride-Anlagen. Auch Züge kamen am Bahnhof vorbei, nur durften sie dort nicht halten.

Ein ordentlicher Bahnhof braucht die korrekte Schriftart auf Hinweistafeln

Das Eisenbahn-Bundesamt verweigerte die Inbetriebnahme des Haltepunkts mit Verweis auf die "technische Spezifikation für die Interoperabilität bezüglich eingeschränkt mobiler Personen im konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystem und im transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystem". Weil die kleine Haltestelle an der internationalen Strecke Hamburg-Kopenhagen liegt und weil niemand eine Ausnahmegenehmigung beantragt hatte, gilt für sie diese EU-Richtlinie. Sie legt detailliert fest, wie ein behindertengerechter Bahnhof aussehen muss. Festgelegt ist zum Beispiel die Schriftart auf den Hinweisschildern, der maximale Kraftaufwand, mit der sich Türen öffnen lassen müssen. Oder zum Beispiel das Vorhandensein eines Wickeltisches, wenn es auf dem Bahnhof eine Toilette gibt.

"Wenn der Haltepunkt nicht wäre, wären wir heute mit dem Auto gefahren

Einige dieser Vorschriften erfüllte der Bahnhof Gartenholz laut Eisenbahn-Bundesamt bis vor wenigen Wochen nicht. "Für mich war das völlig unverständlich", sagt Sibylle Lietzau, während sie auf die Regionalbahn wartet, "man baut doch nicht so ein Projekt und lässt es dann ein Jahr stehen und verrotten. Es ist traurig, dass Gelder so herausgeschmissen werden." Die 60-Jährige wohnt mit ihrem Mann direkt gegenüber vom Bahnhof im Wohngebiet Gartenholz. Sie will den neuen Bahnhof insbesondere nutzen, um zu den Eishockey-Spielen der Hamburg Freezers zu kommen. Auch jetzt ist sie auf dem Weg nach Hamburg-Bahrenfeld, um die Mannschaft anzufeuern. "Für uns ist die Verkehrsanbindung ideal", sagt Lietzau, "deshalb waren wir so interessiert daran, dass der Bahnhof endlich eröffnet wird." Für Dienstag und Freitag haben Sibylle und Wolfgang Lietzau schon die nächsten Fahrten nach Hamburg geplant.

Ronald Siegel ist einer der Ersten, der am neuen Haltepunkt aussteigt. Um 10.11 Uhr verlässt der Rahlstedter am Sonntagvormittag mit seinem Sohn Maximilian den Zug aus Richtung Hamburg am Bahnhof Gartenholz. Die beiden wollen zum Indoo-Erlebnispark im Gewerbegebiet Nord. "Wenn der Haltepunkt nicht wäre, dann wären wir mit dem Auto gefahren", sagt der 54-Jährige, "aber so ist es besser. Wir sparen uns die Qual der Parkplatzsuche."

Am neuen Bahnhof halten montags bis freitags rund 60 Züge, an den Wochenenden sind es etwa 40. Die Station wird stündlich, in den Hauptverkehrszeiten auch zweimal pro Stunde von der R 10 angefahren. Profitieren werden davon die 10 000 Pendler, die im benachbarten Gewerbegebiet Nord arbeiten, und die 4500 Ahrensburger, die im Wohngebiet Gartenholz leben. Sie können ab sofort in 24 Minuten am Hamburger Hauptbahnhof sein, ohne umzusteigen. Die Stadt Ahrensburg hat in den Bau 2,6 Millionen Euro investiert, das Land zahlte 4,1 Millionen Euro.