Bildungsministerium ernennt Sachsenwaldschule in Reinbek zum Kompetenzzentrum für Begabtenförderung

Reinbek. Die Sachsenwaldschule in Reinbek will sich ab sofort verstärkt um hochbegabte Schüler kümmern. Das Gymnasium ist vom Bildungsministerium in Kiel zu einem von elf Kompetenzzentren für Begabtenförderung im Land ernannt worden. Die Anne-Frank-Schule in Bargteheide ist die zweite Schule in Stormarn, die ausgewählt wurde. "Für schwächere Schüler gibt es viele Fördermöglichkeiten", sagt Lehrer Rainer Nienhaus, der in Reinbek die Projektleitung übernommen hat, "Begabte werden dagegen eher stiefmütterlich behandelt."

Das soll sich an der Sachsenwaldschule ändern. Seit Anfang des Jahres wird dort ein Konzept erarbeitet, wie begabte und besonders leistungswillige Schüler in Zukunft von den Lehrern früher erkannt und anschließend besser unterstützt und gefördert werden können. 5000 Euro bekam die Schule dafür vom Land bereitgestellt. "Wir wollen, dass der Begriff Streber nicht mehr fällt", sagt Lehrerin Cornelia Kurth-Skorupka, "die Schüler sollen bei uns Lernen wollen dürfen."

Ein Teil des Projekts ist, dass sich Schülerpaten um andere begabte Kinder kümmern. Neun Mädchen und Jungen des zehnten Jahrgangs haben sich für diese Aufgabe vier Tage lang in Kiel ausbilden lassen. Auf dem Programm standen Themen wie "Streitschlichtung", "Lernstrategien für schnelle Denker" und "Hochbegabt sein - Lust oder Last". Marie-Christin Wierich sagt: "Wir haben zum Beispiel gelernt, was wir tun können, wenn ein Kind wegen seiner Begabung vom Unterricht ausgeschlossen wird." Die 16-Jährige ist eine der Schülerpaten. "Das größte Problem ist die Abstemplung als Streber. Wenn man eine gute Note schreibt, macht einem die Klasse das teilweise zum Vorwurf."

Auch die Lehrerinnen Astrid Hansen und Cornelia Kurth-Skorupka haben eine spezielle Ausbildung absolviert. Dabei haben sie gelernt, woran Hochbegabte erkannt werden können. "Sie sind im Unterricht meistens eher ruhig", sagt Kurth-Skorupka, "sie klinken sich erst an bestimmten Stellen ein, wenn es für sie interessant wird."

Offiziell gelten Menschen als hochbegabt, wenn ihr Intelligenzquotient über 130 liegt. Doch an der Sachsenwaldschule soll diese Grenze nicht ausschlaggebend für eine Förderung sein. "Wichtig ist eine besonders große Bereitschaft des Schülers, sein eigenes Potenzial auszuschöpfen und etwas leisten zu wollen", sagt Schulleiterin Renate Stapel. Diese Jugendlichen müssten gestärkt werden.

Bereits bei der Einschulung sollen die Eltern in Zukunft gefragt werden, ob bei ihrem Kind eine Hochbegabung festgestellt wurde. Zudem sind alle Lehrer der fünften Klassen aufgefordert, die Interessen ihrer Schüler mit Hilfe eines Fragebogens abzufragen. Astrid Hansen sagt: "So sollen sie darauf aufmerksam gemacht werden, wenn sich Schüler für besondere Themen interessieren." Rainer Nienhaus geht davon aus, dass etwa 25 Prozent der 1154 Schüler des Gymnasiums in die Kategorie "begabt" fallen und deshalb eine besondere Förderung notwendig sein könnte.

Die Sachsenwaldschule hat verschiedene Ideen entwickelt, wie diese Förderung aussehen kann. Sechstklässer können zum Beispiel die zweite und dritte Fremdsprache parallel lernen. Zwei Schüler bilden dafür ein Sprachtandem. Sie nehmen immer abwechselnd am Latein- und Französischunterricht teil. Das bedeutet, jeder Schüler bekommt nur die Hälfte mit. Den versäumten Lernstoff bringen sie sich anschließend gegenseitig bei.

Systematischer als bisher soll in Zukunft auch das Überspringen einer Klasse praktiziert werden. "Meistens gibt es große Vorbehalte dagegen", sagt Hansen. Eltern und Schüler hätten Angst. "Dabei ist wissenschaftlich belegt, dass das Springen eine gute Sache ist." Für Kinder, die nur in einem bestimmten Fach unterfordert sind, bietet die Sachsenwaldschule die Möglichkeit an, für die Unterrichtsstunden in eine höhere Klasse zu wechseln. Außerdem sollen die Jahrgangsbesten in Zukunft zum Ende des Schuljahres geehrt werden. An mehreren Schulen werden für Überflieger Kurse angeboten, bei denen die Unterrichtsstoffe vertieft werden. In der Sachsenwaldschule kann Sportunterricht auf Englisch und ein Kursus zur Vorbereitung auf den Geschichtswettbewerb der Körber-Stiftung absolviert werden. Kurth-Skorupka: "Diese Angebote wollen wir jetzt bei Lehrern, Schülern und Eltern bekannt machen."