Meine Firma: Bei der Ahrensburger Softwareschmiede SPI werden Computerprogramme für die Industrie erstellt

Ahrensburg. Montagvormittag, 11 Uhr. Knapp 30 Männer und Frauen versammeln sich im Treppenhaus des SPI-Stammhauses an der Kurt-Fischer-Straße. Ihr "Montagsmeeting" beginnt. Alle zwei Wochen tauschen Geschäftsführung und Mitarbeiter der Softwareschmiede hier die wichtigsten Neuigkeiten aus. Weitere Kollegen aus den Niederlassungen in Herne und Münster sind via Telefon ebenfalls live dabei. SPI entwickelt seit 1980 Computerprogramme für die Industrie, insbesondere für die Blech verarbeitende Branche. Das Unternehmen liefert weltweit Komponenten und fertige Systeme inklusive Hardware. Die Integration solcher Systeme sowie die Beratung, Schulung und laufende Unterstützung gehören ebenfalls zum Leistungsspektrum.

Schlagworte wie CAD, EDM und PDM gehören in dem zweigeschossigen Gebäude zum täglichen Sprachgebrauch. CAD bezeichnet als Kurzform des Englischen "computer-aided design", das technische Zeichnen am Computer. SPI entwickelt Software, die zum Beispiel Bauteile dreidimensional auf dem Bildschirm darstellt. PDM (Englisch: product data management) und EDM (Englisch: electronical data management) stehen für die Organisation technischer Daten. Die Ahrensburger Firma liefert Programme, die jene Daten zuordnen, die während eines Konstruktionsprozesses entstehen. "Mit unseren CAD-Lösungen für die Blechverarbeitung haben wir ein Alleinstellungsmerkmal auf dem Markt", sagt Geschäftsführerin Jeanette Rouvel. Mit ihrer Software für Blechkonstruktionen, Zeichnungsverwaltung, Normteile und Formenbau hat sich die Firma bei der Fertigungsindustrie einen Namen gemacht.

Die weltweite Nachfrage hat SPI in den vergangenen 30 Jahren stetig wachsen lassen. Sein Produkt SheetMetalWorks hat zu diesem Erfolg maßgeblich beigetragen. "Es ist für die Blech verarbeitende Industrie das fehlende Bindeglied zwischen Konstruktion und Fertigung", sagt Ralf-Uwe Weber, Leiter der CAD-Entwicklung und das "Blech-Brain" der Firma, wie ihn Rouvel schmunzelnd nennt. Gerade hat er den Kollegen beim Meeting verkündet, dass SheetMetalWorks 2011 ab sofort online abrufbar sei. Das Produkt ist sein Baby. Seit 21 Jahren ist er im Unternehmen. "Ich habe die ganze Blechlinie entwickelt", sagt der Diplom-Mathematiker. Frisch von der Uni nahm er bei SPI seinen ersten Job an und blieb. "Blech zieht sich wie ein roter Faden durch meine berufliche Laufbahn."

Heute beschäftigt SPI zehn Programmierer, zu Beginn seien sie zu dritt gewesen. "Ich habe mich um die Algorhythmen für die Programme gekümmert", sagt der zweifache Familienvater. "Programmzeilen, die ich 1989 geschrieben habe, laufen noch zuverlässig in aktuellen Produkten." Geschäftsführer Dirk Vollmer bedient sich des Baugewerbes, um die Produktpalette zu beschreiben: "Wir liefern sowohl Häuser von der Stange als auch Entwürfe und eine Baudurchführung nach Kundenwunsch." Ein weiteres Standbein seien Datenbanklösungen für das Geschäft mit Reisezahlungsmitteln. Seit fast drei Jahren teilt sich Vollmer, der seit 1983 in der Firma ist, mit Jeanette Rouvel die Geschäftsleitung.

Rouvel verantwortet den CAD-Bereich, den Vertrieb und den Personalbereich. Seit sie dabei ist, sind Frauen im bis dato männerdominierten Haus auf dem Vormarsch. "Ich habe viele Frauen eingestellt", sagt die 36-Jährige, "darunter auch eine Entwicklerin und eine technische Redakteurin." Yvonne Pein gehört dazu. "Ich bin die einzige Frau hier in der Technik", sagt die Hochbau-Ingenieurin. Sie wechselte vor zweieinhalb Jahren von Blohm + Voss zu SPI, weil sie die Aufgabenstellung reizte. Zuständig für Schulungen, zeigt sie den Kunden, wie sie mit einzelnen Programmbausteinen arbeiten können. "In den Seminaren sitzen noch immer 80 bis 90 Prozent Männer", sagt die 37-Jährige. "Das liegt an der Branche."

Eine Branche, in der auch ihre Chefin sich gegen Männer behaupten muss. Vor fünfeinhalb Monaten ist Rouvel Mutter eines Sohnes geworden. Seitdem übt sie den täglichen Spagat zwischen Geschäft und Familie. Und bekommt von männlichen Kollegen zu hören, dass sie sich "mal entscheiden müsse, was von beidem ich wolle", sagt die Diplom-Pädagogin. Ihr Freund kümmert sich in Elternzeit um Jules. Rouvel stieg nach acht Wochen wieder Vollzeit ein. Sie arbeitet einen halben Tag im Büro, die restliche Zeit zu Hause. Das Modell des Home Office ist bei SPI relativ verbreitet. "Fast jeder Mitarbeiter ist dafür technisch ausgestattet. Im letzten Winter hat uns das sehr geholfen, als manche in ihren Dörfern eingeschneit waren", sagt Rouvel. Der Wille, der Firma zur Verfügung zu stehen, scheint ausgeprägt zu sein. Als die Geschäftsführung Anfang 2009 zum Mitwirken an Projektgruppen nach Feierabend aufruft, hätten die meisten Mitarbeiter sofort mitgemacht, sagt Vollmer. "Sie hatten erkannt, dass sie uns helfen können", so der 54-Jährige. Lieber einen Schlag reinhauen anstelle von Kurzarbeit, sei die Devise gewesen. Die Unternehmensphilosophie "Lust auf Leistung. Vertrauen in Verantwortung." bewährt sich. Im Oktober nahm die Tochter des Firmengründers in Düsseldorf den "Großen Preis des Mittelstandes" entgegen, mit Jules im Arm.

Das Montagsmeeting ist fast zu Ende. Das letzte Thema: die Weihnachtsfeier, die am 15. Dezember gleichzeitig Jubiläumsfeier ist. In den letzten Jahren feierte SPI im eigenen Haus. Die Resultate eines Fotoshootings, bei dem die Mitarbeiter zu diesem Anlass die Unternehmensleitsätze in Szene setzten, schmücken bis heute die Wände. Dieses Mal geht es raus. Dorthin, wo alles vor 30 Jahren begann. Nach Hamburg.