Diskussion über FDP-Vorschlag, Straftaten an Schulen zu erfassen. Lehrer und Politiker fordern mehr Prävention

Ahrensburg. Schlägereien, Vandalismus, Diebstahl. Bekannt ist: Immer wieder verüben Jungendliche in Stormarn Straftaten an ihren Schulen. Nicht bekannt ist, wie viel wirklich passiert. Die FDP in Stormarn will, dass die Schulen Zahlen herausgeben, die in eine öffentliche Statistik fließen. Jeder könnte dann sehen, wie viel an welcher Schule passiert. Die Oldesloer FDP-Landtagsabgeordnete Anita Klahn sagt: "Wir alle bekommen von unseren Kindern mit, was an den Schulen geschieht und ganz ohne Konsequenzen bleibt." Mit Zahlen könne man viel besser begründen, warum man mehr Sozialarbeiter an Schulen brauche.

Doch nicht nur die meisten Schulen reagieren skeptisch auf den Vorstoß. Auch die Kreisschulrätin und die anderen Parteien im Kreistag sind dagegen. Und sollten - wie von den Liberalen gefordert - an Brennpunkten zusätzliche Sozialarbeiter eingesetzt werden, müssten dafür die Gemeinden zahlen.

Momentan werden Strafanträge nur nach dem Alter der Beschuldigten aufgeschlüsselt, nicht nach dem Tatort, so Polizeisprecherin Sonja Kurz. Der Oldesloer FDP-Politiker Bernd Neppeßen vermutet, dass viel verschleiert wird. Als Volleyballtrainer ist er mit Jugendlichen in Kontakt, bekommt mit, wenn Schüler bedroht werden. "Das sind Dinge wie: 'Ey du, gib mir dein Handy, sonst kriegste eine auf die Fresse!'" Neppeßen meint, wenn er an "all die kaputten Wände, kaputten Türen, den ganzen Vandalismus" denke, da werde ihm "Angst und Bange".

Man müsse die Probleme öffentlich machen. "Die Vorfälle haben zugenommen", sagt Neppeßen. "Aber die Schulen wollen bloß ihre Ruhe haben."

Volker Wurr, Direktor der Gemeinschaftsschule in Glinde, widerspricht: "Wenn hier war passiert, geben wir es sofort an die Polizei weiter." Es gebe drei Stufen der Sanktion, darunter pädagogische Maßnahmen und schulinterne Strafen. Die dritte Stufe sei die Anzeige. "Das machen wir vielleicht ein-, zweimal im Jahr."

Auch Herbert Diebold vom Eckhorst-Gymnasium in Bargteheide ist gegen ein Ranking. "Statistiken sind häufig äußerst seltsam", sagt er, "sie pauschalieren, man kann die verschiedenen Straftaten nicht in einem Ranking zusammenfassen." Das Eckhorst-Gymnasium hat seit Kurzem sein eigenes Programm zur Gewaltprävention. Herbert Diebold, der erst seit Februar Schulleiter ist, sagt, er habe bisher keinen Vorfall der Polizei melden müssen. "Für mich stehen pädagogische Mittel im Vordergrund." Er findet: "Als Stadt sollte man auch so einen Blick für die Brennpunkte haben."

Im Kreistag steht die FDP allein auf weiter Flur. Lehrer Bernd Freytag (CDU) lehnt eine Statistik ab. "Ein Ranking ist Blödsinn", sagt er. "Ob hier oder dort was passiert, kann auch Zufall sein." Allerdings will Freytag, dass die Schulen schneller die Polizei rufen: "Wenn ein Jugendlicher außerhalb der Schule etwas anstellt, wird er auch angezeigt."

Der Grüne Hartmut Jokisch, ein pensionierter Lehrer, findet, es sei schwer zu unterscheiden, ob etwas noch ein Dummer-Jungen-Streich sei oder schon eine Straftat. "Bei Mobbing ist diese Grenze äußerst schwierig", sagt er. Es sei richtig, zuerst pädagogisch zu reagieren und "nicht gleich mit der Polizei zu kommen". Die SPD ist genauso skeptisch. "Mehr Prävention hilft mehr als eine Strichliste", sagt der Barsbütteler Landtagsabgeordnete Martin Habersaat. Schwierig sei auch die Statistik selbst. Habersaat: "Wie vergleicht man die Straftaten miteinander?"

Kreisschulrätin Kirsten Blohm-Leu denkt ähnlich: "Es hat keinen Sinn, einfach Zahlen zu veröffentlichen." Sie glaubt auch nicht, dass die Schulen Straftaten verschleiern. "Dort wird sehr konstruktiv gearbeitet." Die Tendenz, mehr Sozialarbeiter an die Schulen zu schicken, gebe es schon lang. Die Stellen für die Fachkräfte müssen von den Schulträgern bezahlt werden. In den meisten Fällen sind das die Städte und Gemeinden.