Dauerlärm raubt Nachbarn an der A-1-Abfahrt den Schlaf. Amtsverwaltung legt Gerät einen Tag still. Jetzt entscheidet das Verwaltungsgericht

Siek. Er mahlt den ganzen Tag über und auch nachts, zermalmt in einem fort maroden Autobahnbeton und spuckt Rohstoff für eine neue Fahrbahn aus. Doch kaum, dass der sogenannte Betonbrecher an der Autobahnabfahrt Ahrensburg bei Siek vor gut einer Woche außerordentlich lautstark mit seiner Arbeit begonnen hat, ist ein heftiger Streit um die Anlage entbrannt, der nun eskaliert. Die Nerven der Anwohner liegen blank. Die Gemeinde Siek hat versucht, die Notbremse zu ziehen. Das schleswig-holsteinische Verwaltungsgericht in Schleswig ist eingeschaltet.

Die Richter der sechsten Kammer werden in den kommenden Wochen in einer Eilentscheidung (Aktenzeichen 6B39/10) darüber befinden, ob die Arbeiten auf einem zur Betonfabrik umfunktionierten Acker unmittelbar an der Autobahn weitergehen dürfen.

Das Gerichtsverfahren ist auf einen Bescheid aus der Sieker Amtsverwaltung zurückzuführen. Uwe Schwab, Leitender Verwaltungsbeamter, hatte den Betonbrecher am Montag von Mitarbeitern seines Ordnungsamts stilllegen lassen und den Sofortvollzug angeordnet - vor allem deshalb, weil die Arbeiten schon nachts und nicht, wie ausgemacht, um 7 Uhr morgens begonnen haben. "Ich habe die Betreiber aufgefordert, uns nachzuweisen, dass die Anlage keine negativen Auswirkungen auf die Menschen in den umliegenden Wohnhäusern hat", sagt Schwab. Der Betonbrecher verstummte prompt. Aber die Ruhe sollte nur von kurzer Dauer sein.

Die mit dem Autobahnbau betraute Schleswiger Firma SAW und ein von ihr beauftragtes Subunternehmen zogen sofort vors Verwaltungsgericht. Nach einem Gespräch mit dem Vorsitzenden der sechsten Kammer gestern Morgen ordnete Uwe Schwab dann um 10 Uhr vorsorglich an, den Sofortvollzug seiner Stilllegungsverfügung bis zum erstinstanzlichen Gerichtsbeschluss auszusetzen. Offenbar befürchtet Schwab, der sein Vorgehen mit der Sieker Gemeindevertretung abgestimmt hat, dass Regressansprüche auf die Gemeinde zukommen könnten. "Es ist von sechsstelligen Schadenersatzforderungen die Rede", sagt er.

Denn eine der Fragen, denen die Richter in Schleswig jetzt nachgehen müssen, ist auch die, ob das Sieker Ordnungsamt überhaupt befugt ist, den Betrieb stillzulegen. "Falls das nicht der Fall sein sollte, erübrigt sich das ganze weitere Verfahren", sagt der Sprecher des Verwaltungsgerichts, Klaus-Martin Meyer. Er verweist darauf, dass der Betreiber eine Genehmigung für die Anlage habe. Meyer: "Die Frage ist, ob die ausreicht."

Uwe Schwab weiß auch von einer Genehmigung. Darin gehe es aber nur um die für den Umweltschutz relevanten Aspekte - etwa darum, wie der Acker nach Abschluss der Arbeiten im Spätherbst wieder hergerichtet werden muss. "Der Lärmaspekt ist darin natürlich nicht berücksichtigt", sagt er. Ihn ärgert, dass die Zuständigkeiten nicht klar sind: "Das Umweltamt sagt, die Umweltaspekte seien geklärt. Das Bauamt sagt, die Anlage sei kein Bauwerk. Und die Gewerbeaufsicht verweist darauf, dass die Anlage kein Gewerbe sei."

Die genervten Sieker, die am unteren Ende der Hauptstraße leben, tun unterdessen schon seit langem kein Auge mehr zu. Grafikdesignerin Solweig Just, 49, die in Sicht- und vor allem in Hörweite des lärmenden Monstrums wohnt, ist fix und fertig. "Wir sind zurzeit einer Dauerbeschallung bis in die Nacht hinein ausgesetzt. Das ist folterähnlich, weil man sich nicht entziehen kann", sagt sie. Die Arbeiten auf dem Brechplatz endeten selten vor 22 Uhr. Und morgens ginge der Lärm schon um 5 Uhr wieder los. Just: "Der Höhepunkt war am Montag. Da sind wir um halb vier am Morgen aus dem Schlaf gerissen worden." Bei der Polizei haben sich Anlieger auch schon beschwert. Beamte waren nachts schon mehrfach auf der Baustelle.

Auch Musiker Bernd Vogelsang, 50, der an der Hauptstraße lebt, hat die Polizei schon gerufen. "Aber die Beamten haben mir gesagt, dass sie nichts machen können", sagt er. Vogelsang ergänzt, dass an Schlafen nicht mehr zu denken sei: "Um halb vier, spätestens um vier geht das hier jeden Morgen los." Im Wesentlichen störten ihn zwei Dinge. "Da ist einmal dieses dauerhafte mahlende Geräusch. Und dann gibt es noch ein lautes Poltern, das die Wände wackeln lässt."

Solweig Just prüft unterdessen, ob die Sieker mit einer Zivilklage gegen die Baufirma SAW Erfolg haben könnten. Die Geschäftsleitung war gestern bis Redaktionsschluss nicht zu erreichen.