Die meisten Menschen handeln so, dass sie persönliche Nachteile für sich möglichst vermeiden. Das ist nachvollziehbar.

In der Kirchengemeinde Lütjensee hat ein Kantor gearbeitet, der wegen des Besitzes kinderpornografischer Bilder zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Als der Kirchenvorstand davon erfuhr, hat er den Mann umgehend entlassen. Die Eltern, die ihre Kinder vertrauensvoll in die Obhut jenes Mannes gegeben hatten, ließen die Verantwortlichen jedoch über die Gründe der Kündigung im Dunkeln. Statt über die Vorwürfe öffentlich zu sprechen, wurde geschwiegen. Auch dann noch, als der Mann nach seiner Entlassung weitere sechs Monate in Lütjensee blieb.

Der Kirchenvorstand und die Pastorin waren eigenen Aussagen zufolge zur Verschwiegenheit verpflichtet. Doch was wären die Nachteile gewesen, hätten sie die Eltern aufgeklärt? Sie hätten sich über die Anordnung hinwegsetzen können - zum Wohl der Gemeinschaft und vor allem zum Schutz der Kinder. Das Allerschlimmste, was den Vorstandsmitgliedern hätte passieren können, wäre der Ausschluss aus dem Gremium gewesen. Ein persönlicher Nachteil, gewiss. Doch hätten die Verantwortlichen damit vergleichsweise wenig verloren. Jetzt stehen ihre Glaubwürdigkeit und das Vertrauen auf dem Spiel. Um beides wiederherzustellen, reicht es nicht aus, sich gemeinschaftlich zu entschuldigen. Deutlichere Taten wären das richtige Signal. Für die Eltern ist das Thema noch lange nicht ausgestanden.