Mehr als 3000 Fahranfänger in Stormarn beantragten schon den Führerschein mit 17. Der ist nach Ansicht von Fahrlehrern ein echtes Erfolgsmodell

Ahrensburg/Oldesloe. In den Fahrersitz geschmiegt, den Motor starten und losdüsen - für viele Jugendliche ist das der Inbegriff von Freiheit. In Deutschland ist das schon im Alter von 17 Jahren möglich. Was 2004 in Niedersachsen und dann in anderen Bundesländern als befristeter Modellversuch begann, wird am 1. Januar 2011 bundesweit Recht. Einer dieser jungen Fahrer ist der 17-jährige Felix Kückenhöner. Der Oldesloer sagt: "Ich habe meinen Führerschein von Anfang an so schnell wie möglich machen wollen."

39 Fahrschulen gibt es im Kreis, in allen können Fahranfänger den Führerschein mit 17 Jahren machen. Anfang des Sommers hatte sich Felix Kückenhöner in seinem Wohnort bei der Fahrschule Lippardt angemeldet. Nun sitzt er beim praktischen Unterricht am Steuer. Den Führerschein macht er nicht, weil er es eilig hat. Im Gegenteil - er möchte es ruhig angehen, sagt: "Ich komme 2011 in die Oberstufe. Da wollte ich mir den Stress mit dem Führerschein im Schuljahr ersparen und früher loslegen." Schon jetzt wird rund ein Drittel aller Prüfungen in Schleswig- Holstein von 17-Jährigen abgelegt. Mehr 3000 Fahranfänger in Stormarn beantragten seit seiner Einführung den Führerschein mit 17 - in diesem Jahr mehr als 700.

Es sei aber nicht davon auszugehen, dass nun immer mehr Minderjährige den Führerschein beantragen, sagt Sabine Steidinger, Leiterin der Führerscheinstelle in Bad Oldesloe. "Seit 2007 hält sich die Zahl der Anträge auf begleitetes Fahren bei rund einem Drittel aller Ersterstellungsanträge", sagt sie. Lange galten Fahranfänger als die Hauptrisikogruppe im Straßenverkehr, sie bauten die meisten Unfälle. Noch immer ist die Gefahr, als junger Erwachsener auf deutschen Straßen ums Leben zu kommen, mehr als doppelt so hoch wie bei anderen Altersgruppen.

Immerhin hat sich dieses Risiko in der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen seit dem Jahr 2000 um 57 Prozent verringert, 16 Prozentpunkte mehr als bei anderen Altersgruppen. Als einer der Gründe für den Rückgang vermutet das Statistische Bundesamt die Einführung des Führerscheins mit 17. Das Modell erlaubt jungen Fahrern, unter Aufsicht eines erfahrenen Autofahrers noch ein Jahr zu üben, bevor es 18-jährig mit dem richtigen Führerschein allein auf Deutschlands Straßen geht.

Michael Thiem ist der Fahrlehrer von Felix Kückenhöner. Er wertet das Modell begleitetes Fahren als einen Erfolg. "Ich fand es von Anfang an gut", sagt der 41-Jährige. "Es kostet nicht viel mehr als ein mit 18 Jahren erworbener Führerschein - und auch die Ausbildungsdauer bleibt gleich. Aber dadurch, dass dem Fahranfänger in der Anfangsphase eine Begleitperson zur Seite steht, entsteht ein großer Erfahrungsgewinn." 70 Prozent der Fahranfänger, die er betreut, nehmen das begleitete Fahren in Anspruch, schätzt Thiem. Die anfängliche Skepsis bei der Einführung dieses Führerscheins 2005 hätten er und seine Kollegen längst abgelegt. Thiem sagt: "Am Anfang haben wir damit gerechnet, dass der eine oder andere von den ganz jungen Fahrern unvorsichtig sein wird. Das war bislang noch nicht der Fall."

Einen Unterschied zu älteren Fahranfängern könne er bei den 17-Jährigen weder im Unterricht noch bei den Prüfungen feststellen. "Wenn überhaupt, dann schneiden die jüngeren Schüler etwas besser ab, weil sie an ihren Führerschein auch mit dem Gedanken 'ich will es schaffen' herangehen", mutmaßt der Fahrlehrer.

Skeptisch und vor allem selbstkritisch blicken laut dem Fahrlehrer jedoch viele Eltern auf die Neuerung. Michael Thiem sagt: "Viele der Eltern trauen sich zum Beispiel die Rolle der Begleitperson nicht zu, weil sie denken, dass sie da total viel machen müssen. Dabei ist das gar nicht so."

Um als Begleitperson zugelassen zu werden, müssen folgende Bedingungen erfüllt werden: Der Beifahrer muss mindestens 30 Jahre alt sein und seit mindestens fünf Jahren einen Führerschein haben. In der Flensburger Verkehrssünderkartei dürfen nicht mehr als drei Punkte eingetragen sein. Übrigens können Fahranfänger mehrere Menschen als Begleitpersonen eintragen lassen. Dabei muss es sich nicht zwingend um Angehörige handeln. Michael Thiem: "Einige der Fahranfänger lassen auch Arbeitskollegen als Begleitpersonen eintragen. So bleiben sie auch während der Arbeitszeit mobil."

Felix Kückenhöner hat als Begleitpersonen aber doch lieber seine Eltern ausgewählt. Er sagt: "Mit der Mutter auf dem Verkehrsübungsplatz hat es bislang ganz gut funktioniert." Schon in den nächsten Wochen könnte er es schaffen, sich in den Fahrersitz zu schmiegen, den Motor zu starten und loszudüsen, ein bisschen Freiheit - unter den wachsamen Augen der Eltern.