Unser Dorf: Die Stormarn-Ausgabe geht mit dem Abendblatt-Smart auf Sommertour. In Zarpen leben die Menschen zwischen Tälern und Hügeln

Zarpen. "Wir sind ein wunderschönes Dorf im sonnigen Norden der Republik", sagt Bürgermeister Wolf-Friedrich Schöning und lässt seinen Blick vom Zarpener Wohld aus über die breiten Felder und Wiesen in Richtung Ortskern schweifen. Von dem Dorf ist von der Anhöhe oberhalb des Struckteiches allerdings lediglich der Kirchturm zu erkennen. Der Rest Zarpens ist im Tal der Heilsau verschwunden.

Dafür sind in der Ferne die sieben Türme Lübecks zu sehen. "Jeder, der Zarpen nicht kennt, sollte einmal von hier oben einen Blick auf die Hansestadt werfen", sagt Jürgen Grube, zweiter Stellvertreter des Bürgermeisters. Silvester sei im Zarpener Wohld immer besonders viel los, so Schöning. "Von hier oben kann man nämlich das Feuerwerk in Lübeck mit anschauen."

Auch Uwe Bohm ist am liebsten in der Natur unterwegs. "Die Wallberge sind Relikte aus der Eiszeit", sagt der 65-Jährige. "Hier lassen sich 450 Millionen Jahre alte Versteinerungen finden." Bohm lebt sei 1973 in Zarpen, engagiert sich im Naturschutzbund (Nabu) und spricht fließend platt. Einmal im Monat trifft er sich mit 15 anderen Zarpenern zum "Plattdeutschkrink". Uwe Bohm: "Wir reden nur Plattdeutsch, tragen Gedichte vor oder lesen gemeinsam."

Eine Institution ist die Freiwillige Feuerwehr mit ihren 29 Mitgliedern. "Wir sind die schnelle Einsatztruppe für den Bürgermeister", sagt der stellvertretende Wehrführer Dirk Meyer, "wenn er uns braucht, weil zum Beispiel vor der Schule Schnee gefegt werden muss, sind wir zur Stelle."

Die Kirche bildet den Mittelpunkt. "Sie ist sehr beliebt", sagt der Kirchenvorstandsvorsitzende Jörg Hauke. "Viele kommen extra nach Zarpen, um sich in unserer Kirche trauen zu lassen." Martina Ulrich ist seit acht Jahren Pastorin, zog damals von Kiel auf das Land. "Dieses Jahr ist mir zum ersten Mal bewusst geworden, wie gerne ich hier bin", sagt sie.

Der Großteil der Einwohner ist Mitglied im Sportverein

Besonders viel Freude bereite es ihr, die Kinder aufwachsen zu sehen. Ulrich: "Gerade hat zum Beispiel eine Frau, die unter meinen ersten Konfirmandinnen war, ein Kind bekommen." Das besondere an Zarpen sei, dass hier vieles gemeinsam gestaltet werde - so zum Beispiel auch die Ferienspaßaktionen, die jetzt gerade wieder für die Kinder angeboten werden. Ulrich: "Alle Vereine, Institutionen und Parteien beteiligen sich daran."

Sport müsse bei Veranstaltungen immer eine Rolle spielen, so die Pastorin. Denn der Großteil der Zarpener ist sportbegeistert. Mehr als 900 Menschen sind im Turn- und Sportverein (TSV), in dem es allein 21 Fußballmannschaften gibt. "Bei uns wird aber auch Badminton, Tennis, Volleyball und Faustball gespielt", sagt Vereinssprecher Frank Meyer.

Viel Aufmerksamkeit erregt auch Fritz Koch, wenn er mit einem seiner vier Oldtimer unterwegs ist. Auf ein Fahrzeug ist der 72-Jährige besonders stolz: "Ich wollte immer einen Kompressor-Mercedes haben. Da ich mir den aber nicht leisten kann, habe ich aus Garagenteilen selbst einen gebaut." Während Fritz Koch mit seinem Oldtimer umherfährt, sitzt Jürgen Ehlers auf seiner Gartenterrasse und blättert in Schulunterlagen aus dem Jahr 1839. Der 81-Jährige weiß fast alles über die Geschichte der Gemeinde.

Seit fünf Jahren schreibt der ehemalige Rektor der Dörfergemeinschaftsschule mit sechs Mitbürgern an einer Chronik über Zarpen. Stundenlang wälzt er dafür Texte und Bücher aus dem Heimatarchiv in Reinfeld und dem Zarpener Kirchenarchiv. Ehlers: "Ich mag nichts aufschreiben, was nicht wirklich geklärt oder belegt ist."

Auf dem Hof von Erich Cordts am Ortseingang leben 150 Ziegen sowie einige Rinder und Pferde. "Ich habe den Betrieb 1970 von meinem Vater übernommen", sagt der 62-Jährige, der auch noch Kartoffeln und Getreide anbaut. Die Ziegen habe seine Frau Monika Henne gewollt. 2001 zog die 54-Jährige von Hamburg zu ihm, ein Jahr später waren die ersten Ziegen auf den Hof.

Aus der Ziegenmilch stellt Monika Henne Käse her, den sie mit anderem selbst gemachten Produkten wie Wildkräuter-Pesto, Balsamico-Essig, Holunderbeerensirup oder Möhrenketchup in einem kleinen Laden direkt am Hof verkauft. "Es ist total toll, auf dem Dorf zu wohnen und hier in der Natur alles zur Verfügung zu haben", sagt sie. Einige kämen sogar extra aus Rendsburg, um ihre Produkte zu kaufen. Henne: "Gerade habe ich einen Auftrag von einem großen Hotel in Kiel bekommen. Ich soll einen speziellen Ziegenkäse mit Algen erfinden."

Am Stammtisch machen Geschichten von früher die Runde

Abends treffen sich viele Zarpener im Landgasthof Zum Eck-Krug. "Es ist immer nett, wenn die Stammtische von früher erzählen", sagt Dorit Schöning, die Schwester des Bürgermeisters. Seit 1964 ist der Landgasthof im Besitz ihrer Familie. Schöning: "Ich habe den Betrieb von meinen Eltern übernommen, inzwischen ist mein Bruder der Inhaber." In den 14 Doppelzimmern im hinteren Teil des Landgasthofs können auswärtige Gäste übernachten. Doinita Kvöger ist Bedienung im Eck-Krug. Die gebürtige Rumänin lebt seit zwölf Jahren in Zarpen. "Ich bin eine Zarpenerin", sagt sie, "das Dorf hat mich akzeptiert. Ich fühle mich hier sauwohl."