Leserin Marianne Dräger schenkt sich ein neues Leben

2008 ist mein Wendejahr: Ich feierte meinen 54. Geburtstag und begann bei einer Berliner Psychologin die Rückschulung auf meine ursprünglich dominante linke Schreibhand.

Ja, ich bin Linkshänderin, durfte aber in der Schule nicht mit links schreiben. Dieses war damals gemäß der Schulordnung von 1961 verboten. Wollte ich etwas mit der linken Hand zeichnen oder malen, wurde mir mein Mal- oder Zeichengerät immer wieder in meine rechte Hand gegeben: "Nimm das gute Händchen", hieß es dann. So habe ich schon früh erfahren, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte. Ich wurde also zu einer umgeschulten Linkshänderin.

Auf Grund der kreuzweisen Verbindung der Nervenbahnen mit dem Gehirn wird die linke Hand von der rechten Gehirnhälfte und die rechte Hand von der linken Gehirnhälfte gesteuert. Bei Rechtshändern ist also die linke Gehirnhälfte motorisch dominant, das logisch-analytische Denken. Während bei Linkshändern die rechte Gehirnhälfte, das beziehungsreiche, ganzheitliche Denken, motorisch dominant ist.

In der Schule verdrehte ich im Mathematik-Unterricht die Zahlen, konnte mich nur schwer konzentrieren, hatte Schwierigkeiten, größere Zusammenhänge zu erfassen, isolierte mich von anderen Schülern. Ich konnte mir absolut nicht merken, wo rechts und wo links war.

Als ich meinen beruflichen Lebensweg einschlug, brachten mich bei unbedeutsamen Anlässen eine gehörige Portion Selbstzweifel und ein schnell in sich selbst zusammenfallendes, zerbröselndes Selbstwertgefühl leicht aus der Bahn. Mein Leben fühlte sich schwierig an. Aber ich wollte doch mit den anderen mithalten!

Durch ein Gespräch mit einer Teilnehmerin bei einem Seminar zur Persönlichkeits-Entwicklung ging mir im wahrsten Sinne des Wortes ein Licht auf. Ich hatte auf einmal die starke Vermutung, dass meine nicht gelebte Linkshändigkeit eine bedeutsame Ursache sein könnte für meine Unsicherheit und für mein schwach ausgeprägtes Selbstwertgefühl.

Ich fand eine Berliner Psychologin, die selbst eine um- und rückgeschulte Linkshänderin ist und die umgeschulte Linkshänder bei ihrer Rückschulung auf die dominante linke Schreibhand therapeutisch betreute. Ich war selig, eine kompetente Begleiterin gefunden zu haben.

Ende Oktober 2008 begann ich bei ihr die Rückschulung auf meine ursprüngliche Schreibhand. Das neue Schreiben mit links begann mit so genannten Spur-Übungen und später mit Schreib-Übungen wie für einen Erstklässler - vor lauter Glück machte ich innerlich wahre Freudensprünge und -tänze. Und wie war ich stolz auf meinen neuen roten Füllhalter, extra für Linkshänder. Auf einmal wurde mir klar: Ich bin ja gar nicht verkehrt. Das, was mit mir passiert ist, das war verkehrt.

Heute kann ich sagen, dass ich mir durch meine Entscheidung, mich auf meine linke Schreibhand zurückzuschulen, ein neues Leben geschenkt habe. Ein Leben, in dem Vertrauen in mich und meine Talente einen breiten Platz erhalten haben. Ein Leben mit Selbst-Wertschätzung, Selbst-Liebe und mit Selbst-Mitgefühl und vielen Glücks-Gefühlen, ja Lebensfreude.