Reinbeker Pilotprojekt der evangelischen Gemeinden “Erwachsen glauben in Reinbek“ lädt dazu ein, sich wieder mit der Kirche zu beschäftigen.

Reinbek. Seit Jahren beklagen die Kirchen in Deutschland einen steigenden Mitgliederschwund. Damit sich wieder mehr Menschen zum christlichen Glauben hinwenden, haben sich nun die vier evangelischen Gemeinden in Reinbek (Reinbek-Mitte, Reinbek-West, Neuschönningstedt und Schönningstedt-Ohe) zusammengeschlossen und das Projekt "Erwachsen glauben in Reinbek" initiiert. Mit Glaubenskursen, mehr Öffentlichkeitsarbeit und Erlebniskirche wollen sie verstärkt für ihre Gemeinschaft werben.

"Das Projekt ist ein Versuch, Menschen herauszufordern, sich wieder mehr oder erstmals mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen, sich auf ihn einzulassen", sagt Pastorin Claudia Süssenbach, die das auf fünf Jahre angelegte Projekt leitet. Es sei keineswegs eine Werbekampagne, um mehr Mitglieder und damit Steuerzahler in die Gemeinde zu holen. "Uns geht es vor allem darum, den Menschen ihren Glauben wieder näherzubringen", sagt sie. "Die Esoterikbranche boomt, und immer mehr Menschen entscheiden sich auf der Suche nach Ruhe und Spiritualität, für einige Zeit ins Kloster zu gehen - aber der Weg führt die Menschen immer weniger in die klassische Volkskirche", sagt Süssenbach.

Nicht nur der christliche Glaube, auch das Wissen um die abendländische Kultur gehe bei den Menschen mehr und mehr verloren, meint auch Rolf Kemper, Pastor in Reinbek-Mitte. Immer wieder erlebe er etwa bei Traugesprächen mit Brautpaaren, dass es große Wissenslücken gebe. "Es kommt vor, dass die Leute sagen, sie lebten nach den zehn Geboten, können aber auf Nachfrage nur drei aufzählen", sagt Kemper, "und das, obwohl sich die Menschen dem christlichen Glauben zugehörig fühlen."

Mit Glaubenskursen und verstärkter Öffentlichkeitsarbeit soll sich das Wissen über die Kirche in Reinbek in den kommenden Jahren verbessern. Die vier Gemeindepastoren hoffen, mit dem Projekt vor allem Menschen in der Mitte des Lebens anzusprechen. Denn das Problem liege nicht in der Kinder- und Jugendarbeit, sondern in der Generation der Erwachsenen. "Die große Lücke kommt, wenn die Berufstätigkeit und die Liebe einbrechen", sagt Pastor Michael Paul. Gerade wenn junge Menschen in ihre Zukunft und in Eigenheime investieren wollen, wollen sie nicht selten die Kirchensteuer sparen. Dennoch hielten sich die Kirchenaustritte in Reinbek in Grenzen. Laut städtischem Standesamt sind sie sogar leicht rückläufig. Entschieden sich 2008 noch 203 Christen, aus der Kirche auszutreten, waren es 2009 nur 138 und ein Jahr darauf 152. "Das Problem sind nicht die Kirchenaustritte, sondern die alternden Kirchenmitglieder. Von den 2800 Gemeindemitgliedern in Reinbek-Mitte sind fast 80 Prozent über 80 Jahre alt", sagt Kemper, der dennoch positiv in die Zukunft blickt. Er setzt nun alle Hoffnungen in den demografischen Wandel in seinem Stadtteil Alt-Reinbek: "Wir rechnen in den kommenden Jahren mit einem hohen Zuzug von jüngeren Familien." Und um genau diese wollen Reinbeks Gemeinden nun verstärkt werben.

Am Mittwoch, 18. April, wird Claudia Süssenbach im Gottesdienst in der Gethsemane-Kirche in Neuschönningstedt ab 19 Uhr von Propst Matthias Bohl in ihr neues Amt als Projektpastorin eingeführt. Der erste Glaubenskursus unter dem Titel "Spiritualität im Alltag" bietet ihr Team ab Mittwoch, 25. April, im Gemeindehaus (Kirchenallee 1) an. Beginn ist 19.30 Uhr. "Es ist eine Art Konfirmandenunterricht für Erwachsene in ungezwungener Atmosphäre", sagt Süssenbach. Anmeldung unter Telefon 040/71 00 39 27 oder per E-Mail an erwachsen-glauben@kirche-reinbek.de .