Sie sind immer wieder zu vernehmen, die Stimmen von denen, die es nicht mehr hören können. Die es nicht mehr lesen wollen. Die einfach genug haben von den Berichten über den Ahrensburger Missbrauchsskandal, der die Schlossstadt immer wieder bundesweit in die negativen Schlagzeilen bringt. Dieses Bedürfnis nach Ruhe und Frieden ist nachvollziehbar, es ist sogar zutiefst menschlich. Eine Gemeinde, die von dem Treiben des ehemaligen Pastors Dieter Kohl bis ins Mark erschüttert wurde, muss auch den Blick nach vorne richten können.

Aber: Die jüngste Entwicklung zeigt, dass der Blick zurück noch immer Unbekanntes zu Tage fördert. Sie zeigt, dass neben der Frage "Wer in der Kirche hat wann was gewusst und wen nicht richtig informiert?" nach wie vor zu viele Fragen zu den tatsächlichen Vorkommnissen offen sind.

Warum zum Beispiel wusste die Kirche nicht, dass ein Pastor Religionsunterricht an einer Schule gibt? Warum beruft sich das Bildungsministerium seinerseits darauf, dass Kohl ja nie Lehrer, sondern Kirchenmann war? Und haben möglicherweise die Unwissenheit der einen Seite und die Unzuständigkeitserklärung der anderen Seite zur Folge gehabt, dass der Kirchenmann Kohl noch bis zum Jahr 2003 unbehelligt mit Schülern arbeiten konnte? Gab es aufgrund dieser Konstruktion Pannen in der Kommunikation? Und sind deshalb mögliche Hinweise auf die Taten des Pastors nie zur Schule durchgedrungen?

Darauf muss es Antworten geben. Dabei geht es nicht nur um die Schuldfrage, die nach all den Jahren zunehmend schwierig wird zu beantworten. Es geht in erster Linie darum, dass umgehend alle gebotenen Konsequenzen in der Kirche, bei den Schulen und im Bildungsministerium gezogen werden, um Strukturen zu schaffen, die potenzielle Opfer bestmöglich schützen.