Die Gewerkschaft debattiert bei GdP-Jahrestreffen über Namens- oder Nummernschilder an Uniformen. Polizei ist gegen Kennzeichnungspflicht.

Sandesneben. "Ich habe es selbst erlebt. Meine Frau und meine sechs Jahre alter Tochter sind bedroht worden. Und das ist kein schönes Gefühl", sagt ein pensionierter Polizist und berichtet von Terroranrufen: "Die Menschen, mit denen wir zu tun haben, sind nicht immer friedlich, einige schrecken nicht einmal vor Repressalien zurück."

Damit spricht der Pensionär ein in der Politik umstrittenes Thema an: die Kennzeichnung von Polizisten. Die Grünen und die Linke sprechen sich dafür aus. Die SPD diskutiert noch. CDU und FDP lehnen Namensschilder ab. Während die Beamten im täglichen Streifendienst die Wahl haben, ob sie an ihrer Uniform ein Namensschild tragen, sollen sie bei Sonder- und Großeinsätzen dazu verpflichtet werden: So sehen es die Linke und die Grünen.

"Es ist schon mal vorgekommen, dass Beamte bei Demonstrationen ihre eigenen Kollegen, die in Zivil unterwegs waren, verprügelt haben", sagte der Grünen-Politiker Burkhard Peters. Gemeinsam mit Vertretern anderer Parteien, die am 6. Mai bei der Landtagswahl antreten, war er einer Einladung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) gefolgt. Bei der Jahreshauptversammlung der GdP-Regionalgruppe Lauenburg-Stormarn in Sandesneben (Herzogtum Lauenburg) stellten sich die Politiker den Fragen der Polizisten. Für Manfred Börner, Vorsitzender der Regionalgruppe, ist die Kennzeichnungspflicht der falsche Weg: "Damit wird uns unterstellt, dass wir alle Prügelpolizisten sind." Es sei in Schleswig-Holstein schon vorgekommen, dass die Reifen an den Privatautos von Polizisten zerstochen worden seien. Börner geht es auch um die Rettung der Berufsehre: "Mir als Polizisten wird damit unterstellt, ich würde ungerechtfertigt Gewalt ausüben."

Seit Jahren kämpft die GdP in Schleswig-Holstein gegen die Einführung einer Kennzeichnungspflicht. Auch Innenminister Klaus Schlie, der für die CDU nach Sandesneben gekommen war, hält sie für überflüssig. Schlie erinnerte in dem Zusammenhang an die gestiegene Gewaltbereitschaft gegen Polizisten. "Eine Diskussion über die Kennzeichnungspflicht kann ich deswegen nicht verstehen", so Schlie. Der Vertreter der FDP, Gerrit Koch, stimmte dem Koalitionspartner zu: "Mir ist kein Fall bekannt, in dem ein Polizist ungerechtfertigt Gewalt ausgeübt hat und er dann nicht ermittelt werden konnte."

+++Bundespolizisten müssen keine Namensschilder tragen+++

Grund für die jetzt neu entfachte Debatte ist die neue Regelung in Berlin. Als einziges Bundesland führte die Hauptstadt im vergangenen Jahr eine Kennzeichnungspflicht ein. Die Beamten haben dort die Wahl, ob sie ein Namensschild oder eine Identifikationsnummer an der Uniform tragen.

Wolfgang Dudda von der Piratenpartei hält Buchstaben- oder Zahlencodes für einen guten Kompromiss in der Streitfrage. "Unter richterlichem Vorbehalt könnte dieser Code entschlüsselt werden", so Dudda. Dies könnte sich auch der Vertreter der Linken, Heinz-Werner Jezewski, vorstellen: "Wir müssen einsehen, dass es ein Risiko für Beamte gibt."

Für die Polizisten gehört diese Debatte jedoch abgeschafft. "Wir stehen schließlich vermummten Gewalttätern gegenüber, die sind anonym", so die Beamten.

Für die Polizisten in Stormarn und Herzogtum Lauenburg war neben der Frage der individuellen Kennzeichnung auch die Besoldung ein Thema bei der Jahreshauptversammlung. In den vergangen Jahren wurde ihnen das Weihnachtsgeld gestrichen, zudem gibt es einen enormen Beförderungsstau. Damit nicht genug. Zahlreiche Beamte schieben einen Berg von Überstunden vor sich her, weil einfach das Personal fehle.

+++Gewalt gegen Polizisten steigt, Gewerkschaft startet Initiative+++

Die Politiker konnten den Polizisten nur wenig Hoffnung machen. Immer wieder fielen die Worte "Schuldenbremse" und "Konsolidierungshaushalt". Alle betonten jedoch, dass bei der Polizei keine Stellen gestrichen werden. "Dies ist auch nicht möglich", sagte Klaus Schlie, "weil die Polizei jetzt schon zu wenig Personal hat." Aber für zusätzliche Neueinstellungen gäbe es kein Geld. "Wir zahlen jährlich eine Milliarde an Zinsen aus dem Landeshaushalt." Schlie versprach jedoch, dass jährlich zwischen 600 und 650 Beförderungen erfolgen sollten.

Um die Polizei zu entlasten, schlug Thomas Rother von der SPD vor, die Geschwindigkeitsüberwachung in Schleswig-Holstein künftig in den Zuständigkeitsbereich der Verwaltung zu legen. Außerdem wolle er das Gehalt für Anwärter erhöhen, um das Nachwuchsproblem zu lösen. Denn wegen des Sparkurses und des Beförderungsstaus werde der Polizeiberuf in Schleswig-Holstein immer unattraktiver.

Gerrit Koch schlug vor, die Erschwerniszulage zu erhöhen. Diese basiere auf einer Regelung von 1995 und sei der Inflation nie angepasst worden. Die Abschaffung der beiden Laufbahnen bei der Polizei lehnten die Politiker ab. Dies fordern Gewerkschafter seit Jahren. Manfred Börner: "Für die gleiche Arbeit sollte es auch die gleiche Bezahlung geben."