Jugendliche und Ehemalige feiern im Jugendzentrum Reinbek gemeinsam das 35-jährige Bestehen der Einrichtung: “Das ist wie ein Klassentreffen“.

Reinbek. "Das ist wie ein Klassentreffen", sagt Christine Schultz, während sie durch das Jugendzentrum Reinbek geht. Auf der Bühne stehen die Shrooms, eine Nachwuchsband aus Hamburg-Bergedorf und spielen laute Metal-, Rock- und Punkmusik. Immer wieder bleibt die 43-Jährige stehen, begrüßt alte Bekannte.

Einige hat sie seit fast 20 Jahren nicht mehr gesehen, und dennoch wirken die Gesichter gleich wieder vertraut. Sie erinnern Christine Schultz an die Zeit von Ende der 80er- bis Mitte der 90er-Jahre, als sie einen Großteil ihrer Freizeit in dem Gebäude an der Schlossstraße verbrachte. Jetzt ist sie noch einmal zurückgekehrt, um mit vielen ehemaligen und aktuellen "JuZ"-Besuchern das 35-jährige Bestehen der Einrichtung und gleichzeitig 40 Jahre Jugendbewegung in Reinbek zu feiern.

Am 12. Februar 1972 eröffnete auf Initiative von Schülern der Gymnasien in Reinbek und Wentorf im alten Lohmeyerschen Haus an der Bergstraße der erste selbstverwaltete Jugendtreff in Reinbek. Doch die Freude der Jugendlichen hielt nicht lange. "Die Stadt hat ihnen schon bald den Mietvertrag gekündigt", sagt Michel Richter-Brehm, der das JuZ heute leitet. "Die Jugendlichen haben das Haus daraufhin mehrere Monate lang besetzt. Das war in den Jahren 1974 und 1975." Es folgten weitere Protestaktionen, wie zum Beispiel eine Demonstration mit mehreren Hundert Teilnehmern durch die Reinbeker Innenstadt.

Der Kampf der Jugendlichen hatte Erfolg: Am 12. März 1977 zogen sie in das Gebäude an der Schlossstraße, die Arbeiterwohlfahrt (Awo) wurde Träger des Jugendzentrums. Gisela von der Goltz war damals Awo-Vorsitzende, 15 Jahre lang begleitete sie in dieser Position die Jugendlichen. "Es hat damals niemand gedacht, dass die Einrichtung so lange bestehen bleiben würde", sagt die 78-Jährige. "Das ist ein Erfolgserlebnis. Wir mussten viel Zeit und Kraft investieren, um das zu erreichen."

Denn obwohl der Mietvertrag unbefristet war, hätten einige Politiker und Bürger immer wieder gefordert, den Jugendtreff zu schließen. "Es gab ständig einen Konflikt wegen der Nähe zum Schloss", sagt Richter-Brehm. Daran erinnert sich auch Burkhard Schlage. Der 43-Jährige verbrachte Anfang der 80er-Jahre viele Wochenenden im JuZ. "Vor dem Schloss, dem Aushängeschild von Reinbek, wollte uns niemand haben", sagt er. "Wir waren für die Leute Rocker, die nur Party und Stress machen wollten. Für uns ging es deshalb immer darum, akzeptiert zu werden."

Es habe viele Konzerte und Partys gegeben, auch Tischfußball und Billard sei häufig gespielt worden, sagt Burkhard Schlage. "Aber es war alles nicht so richtig organisiert. Wir mussten uns allein beschäftigen. Heute ist das anders." Der Reinbeker weiß das, weil er seine Begeisterung für das Jugendzentrum an seine Stieftochter Kübra Kültür weitergegeben hat.

Die 21-Jährige ist seit sechs Jahren fast täglich an der Schlossstraße anzutreffen. Sie leitet das Nachhilfe-Projekt, ein Angebot für Schüler aus sozialschwachen Familien, arbeitet bei Veranstaltungen als Honorarkraft und fährt mit bei Jugendfreizeiten. "Das JuZ hängt mir sehr am Herzen. Es ist für mich wie eine kleine Familie", sagt Kübra Kültür. "Ich habe hier Freunde gefunden und meinen Freund kennengelernt."

Diethard Joppich erinnert das JuZ vor allem an die musikalischen Anfänge seiner Rock'n'Roll-Band Crazy Crackers. 1991 hatten die Reinbeker ihren ersten Auftritt in dem Jugendzentrum. Es war ein Benefizkonzert für die Menschen in Leningrad, dem heutigen St. Petersburg. "Da sind an einem Abend 1555 Mark zusammengekommen", sagt der Schlagzeuger, der von den meisten nur Didi genannt wird.

Von diesem Tag an spielten die Crazy Crackers häufig an der Schlossstraße. Joppich: "Es war immer eine richtig große Party, denn es gab ja nicht so ein großes Angebot an Live-Konzerten damals." Besonders gut erinnere er sich daran, dass es immer eine große Konkurrenz unter den Bands gegeben habe. "Es ging darum, wer die meisten Zuschauer ins Jugendzentrum bekam", sagt er. "Wir hatten mal 300, darauf waren wir sehr stolz."

Das erste, was Larissa Landahl zu ihrer Zeit im JuZ einfällt, ist das Wurstwasser-Wettsaufen. "Bei den Veranstaltungen haben wir immer Bockwürste verkauft", sagt die 42-Jährige. "Das Wasser wurde in unterschiedlich großen Gläsern gesammelt und dann getrunken. Wer sich zuerst übergeben hat, war raus." Das war Anfang der 90er-Jahre, verändert habe sich seitdem kaum etwas. "Räumlich sieht es noch aus wie damals", sagt ihre Freundin Pia Nevermann, und Christine Schultz ergänzt: "Sogar die Toilettenschilder sind noch dieselben."