Nach 19 Uhr und am Wochenende fahren keine Busse mehr von und nach Siek. Bürger suchen Anschluss ans Hamburger Verkehrsnetz.

Siek. Abgeschnitten von der Welt, so fühlen sich einige Sieker abends nach 19 Uhr und am Wochenende. Denn dann fährt kein Bus mehr in den Ort oder von dort weg, abgesehen vom Nachtbus. "Ohne Auto geht gar nichts", sagt Corinna Sommerstedt, die vor einem Jahr in die Gemeinde gezogen ist. Gerade als Pendler sei es unmöglich, nach der Arbeit mit dem Bus nach Hause zu kommen.

Um das zu ändern, hat die 53-Jährige gemeinsam mit Birgit Weltin eine Initiative gegründet. Das Ziel: Das Dorf soll besser an den öffentlichen Nahverkehr des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) angebunden werden. Während der vergangenen Wochen haben die beiden Siekerinnen Flugblätter verteilt, E-Mails geschrieben, an Türen geklingelt und Unterschriften gesammelt. Heute Abend wollen sie in der Gemeindevertretersitzung ihr Anliegen vorbringen. "Gerade jetzt, wo die Spritpreise exorbitant hoch sind, wäre es entscheidend, dass etwas passiert", sagt Corinna Sommerstedt.

Wichtig sei vor allem eine bessere Anbindung an die U-Bahn in Großhansdorf, sagt Birgit Weltin. Zurzeit fährt die 52-Jährige täglich mit dem Auto zu ihrer Arbeitsstelle in Hamburg. "Eigentlich könnte ich wunderbar mit der U-Bahn fahren, aber die Busanbindung ist so schlecht, dass ich immer mein Auto mit zum Bahnhof nehmen müsste." Das sehen die Gründerinnen der Initiative nicht ein. Kurzstrecken wie diese seien besonders umweltschädlich und kosteten Geld. Weltin: "Außerdem gibt es an der U-Bahn Station nur sehr wenige "Park & Ride"-Plätze für Pendler."

+++ Der Bedarf muss ermittelt werden +++

Die Frauen wollen bei der heutigen Versammlung folgenden Vorschlag machen: Die Buslinie 369, die stündlich bis etwa 22.30 Uhr von Ahrensburg über Hoisdorf nach Trittau fährt, solle zusätzlich in Siek halten. Weltin: "Es würde reichen, wenn der Bus einmal stoppt. Dann wären wir weniger abhängig und nicht auf ein Taxi angewiesen." Außerdem sollten auch am Wochenende Busse fahren. Dazu seien kleinere "Sprinter" ausreichend. Sommerstedt: "Wir brauchen keine großen Gelenkbusse."

Auch im Streit um den Sieker Kindergarten spielte der öffentliche Nahverkehr eine Rolle. Die von der Kirche getragene Betreuungseinrichtung hat seit Monaten zu wenig Personal und stand deshalb kurz vor der Schließung zweier Elementargruppen. Von Seiten der Kirche hieß es: "Sieks schwierige Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschwert den Einsatz von Personal über Personalserviceagenturen in unserer Einrichtung."

Corinna Sommerstedt kennt einige Nachbarn, die drei oder sogar vier Autos haben. Sie findet das "furchtbar". Aber: "Ich kann es verstehen." Sie selbst und ihr Mann haben jeweils ein Auto. "Es wäre schön, wenn wir wieder wie früher nur ein Auto zusammen bräuchten", sagt Corinna Sommerstedt. "Es geht uns ja gar nicht darum, die Autos komplett abzuschaffen." Beim Amt Siek wollte die 53-Jährige sich informieren. "Dort hieß es, dass es vor sechs Jahren mal eine Umfrage zu dem Thema gab. Dabei sei herausgekommen, dass es keinen Bedarf gibt, den öffentlichen Nahverkehr zu erweitern." Sie ist überzeugt, dass sich das mittlerweile geändert hat. "Benzin ist inzwischen so teuer, dass mit Sicherheit immer mehr Leute gern auf den Bus umsteigen würden, wenn es die Möglichkeit gäbe." Auch würde es den Ort, in dem mehr als 2000 Menschen leben, deutlich attraktiver machen. Corinna Sommerstedt sagt: "Mehr Busse von Siek aus wären auch für Ahrensburg gut, weil dann viele Kunden zum Einkaufen in die Stadt fahren würden."

Birgit Weltin lebt seit rund 20 Jahren in Siek. "Es ist eigentlich alles da, was man braucht. Das einzige, was fehlt, sind die Busanbindungen." Die 52-Jährige ist froh, dass wenigstens der Nachtbus wieder eingeführt wurde. "Das ist sehr schön für die Jugendlichen." Aber gerade für ältere Menschen sei das Angebot nicht ausreichend. "Wer nicht selbst fahren kann, ist auf den Bus angewiesen." Senioren müssten in dem Fall im Schulbus mitfahren. Weltin: "Das ist eine Zumutung für ältere Menschen und geht einfach nicht." Zurzeit hätten viele Senioren deshalb kaum Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

+++ Siek: Kein Werbeschild höher als elf Meter +++

Stefanie Ketelsen (CDU), die stellvertretende Bürgermeisterin von Siek, ist froh, dass es überhaupt eine Buslinie in den Ort gibt. Schon jetzt zahle die Gemeinde eine Menge Geld an den HVV. "Es ist großartig, dass wir noch den Eilbus nach Ahrensburg bekommen haben", sagt sie. Ketelsen werde sich das Anliegen der Bürgerinnen in der Versammlung anhören. "Wir schmettern die Anfrage mit Sicherheit nicht ab. Im Gegenteil werden wir uns gern darum kümmern." Die Entscheidung allerdings liege letztlich beim HVV. "Und da wird sich wohl so ohne weiteres nichts ändern lassen", sagt Ketelsen. Um den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln, sei es allerdings denkbar, erneut eine Umfrage zu starten.

Genau darauf hoffen Corinna Sommerstedt und Birgit Weltin. Die beiden Siekerinnen wollen weiterhin Unterschriften sammeln und andere Bürger für ihre Initiative gewinnen. Birgit Weltin: "Wir wollen nicht einfach hinnehmen, was vor Jahren einmal war. Die Vorzeichen haben sich inzwischen komplett geändert."