Experten des Technischen Hilfswerks Bad Oldesloe proben an Feldsteinen, wie sie im Notfall Sprengladungen einsetzen können.

Feldhorst. Ein kurzer, alles durchdringender Ton hallt über die Wiesen im Feldhorster Ortsteil Steinfeld. Es ist die erste Warnung. Drei Minuten später folgen zwei lange Töne aus dem Horn. "Die Sprengung steht unmittelbar bevor", bedeutet dies. Fünf, vier, drei, zwei, eins - ein lauter Knall, eine Staubwolke, und ein 600 Kilogramm schwerer Fels ist in Hunderte kleine Stücke zerbrochen.

Björn Schuldt ist mit dem Resultat zufrieden. Der 31 Jahre alte Reinfelder ist ehrenamtliches Mitglied beim Technischen Hilfswerk (THW) in Bad Oldesloe. Im vergangenem Jahr hat er einen Lehrgang zum Sprengberechtigten absolviert. Doch damit er diesen Titel auch tragen darf, muss er selbst eine Sprengung ausgeführt haben. Jetzt war es so weit.

Als Erstes werden alle Beteiligten in ihre Aufgaben eingewiesen. Neben seinen Oldesloer Kameraden sind auch die kleinen Helfer von der THW-Jugend dabei. Stramm stehen Groß und Klein vor Schuldt und einem Kollegen aus Kiel, mit dem er gemeinsam die Übung organisiert. "Wir werden dreimal zwei Steine zersprengen", sagt Schuldt, "der Sicherheitsabstand beträgt 300 Meter." In kleinen Gruppen sollen sich die Zuschauer um die Gefahrenstelle versammeln. "Jeder muss darauf achten, dass niemand aus seiner Gruppe bei der Sprengung fehlt. Sobald ich den Countdown heruntergezählte habe, gehen alle in Deckung", so der Reinfelder weiter.

Doch bevor es knallt, müssen Schuldt und sein Kieler Kollege Olaf Nentwig, 43, die Sprengstoffmasse an den großen Steinen anbringen. Beide tragen durchsichtige Handschuhe. Jetzt darf niemand mehr in der Nähe rauchen, und alle Handys müssen ausgeschaltet sein. Ein kleiner Funke reicht, um eine Explosion auszulösen.

"Soll die Sprengmasse seitlich oder oben auf dem Stein angebracht werden?", fragt Schuldt. Er sucht eine geeignete Stelle für das Eurodyn, einen gelatinösen Sprengstoff, auf dem Felsen. Michael Labonte, Geschäftsführer des THW in Lübeck schaut den beiden Männern über die Schulter und sagt: "Der Sprengstoff muss immer auf dem Stein liegen, damit der Druck nach unten abgeleitet wird. Zudem fliegen dann weniger Trümmer durch die Gegend."

Vorsichtig drückt Schuldt die rötliche Masse auf den Felsen. Sein Kieler Kollege benutzt einen anderen Sprengstoff. Er bringt Pentaerythrityltetranitrat (PETN) auf einem anderen Stein an. Anschließend müssen die Männer Drähte verlegen. Diese werden dann mit einem 300 Meter langen Kabel verbunden, damit die THWler die Felsen aus der Ferne sprengen können. Zur Sicherheit legen die Helfer noch Sandsäcke auf die Felsen, damit Steinsplitter niemanden verletzen oder anderen Schaden anrichten können.

Zwar kommen Gesteinssprengungen in Stormarn und den umliegenden Kreisen selten vor, jedoch sind Eis- oder Deichsprengungen vorstellbar. "Und für diesen Ernstfall üben wir jetzt", sagt Labonte, "beispielsweise waren wir vor zwei Wochen in Alarmbereitschaft wegen der großen Eisschollen in Geestacht und Lauenburg." Wenn die Eismassen Brücken oder Dämme zerstören könnten, kann das THW mit gezielten Detonationen die Gefahr abwehren. "Jedoch hatte sich in dem Fall an der Elbe das Problem von selbst erledigt. Das Eis ist geschmolzen", so der THW-Geschäftsführer.

Ein weiteres Szenario, dass den Einsatz von Dynamit und anderen hoch explosiven Mitteln erfordert, sind drohende Überflutungen. "Um beispielsweise ein Wohngebet vor Wassermassen zu schützen, könnten wir Deiche sprengen, um das Wasser kontrolliert auf Felder zu leiten", sagt Labonte.

Sprengungen dürfen jedoch nur speziell ausgebildete Mitglieder des THW machen, die alle zwei Jahre den Ernstfall üben müssen. Für Björn Schuldt ist es die erste selbst geleitete Sprengung. Sobald die Sprengmasse mit dem 300 Meter langen Kabel verbunden ist, bringen sich alle THWler in Sicherheit. Auch der 31-Jährige befindet sich jetzt nicht mehr in der Gefahrenzone. Er bringt das Kabel an einem Zünder an und drückt nach dem Countdown auf zwei rote Knöpfe. Neben dem Knall ist auch in dieser Entfernung noch eine leichte Druckwelle zu spüren. Fetzen der Sandsäcke fliegen bis zu 30 Meter in Luft.

Zunächst darf sich niemand den zertrümmerten Steinen nähern. Dann fahren Schuldt und Nentwig gemeinsam hin. Sind beide Sprengsätze gezündet worden und besteht keine Gefahr mehr, geben sie über das Gashorn drei Töne ab, das Signal für "Entwarnung."

Dann können sich die anderen THWler das Ergebnis anschauen. Der gängige Stoff Eurodyn hat den Fels nur in zwei Teile geteilt. Die Sprengkraft des häufig beim Militär eingesetzten PETN war hingegen um einiges größer: Der Stein ist völlig zerstört, grauer Staub und kleine Felsbrocken liegen jetzt an seiner Stelle auf dem Feld. Bei der nächsten Sprengung an diesem Tag werden die Experten weitere Sprengstoffe ausprobieren. Noch zwei weitere Male ist der durchdringende lange Ton des Gashorns in Steinfeld zu hören.