Die Gewerkschaft der Polizei kritisiert die hohe Arbeitsbelastung ihrer Leute durch Großeinsätze. Beleg: Die Zahlen des Innenministeriums.

Stormarn. Erstmals belegen Zahlen des Kieler Innenministeriums, was Polizeigewerkschafter schon seit Jahren bemängeln: die zu hohe Arbeitsbelastung der Sicherheitskräfte. Bis zum 31. Dezember 2011 häuften Polizisten in Schleswig-Holstein genau 315 213 Überstunden an. Bei landesweit 6500 Beamten sind dies knapp 50 Stunden pro Kopf.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist über das Ergebnis einer Anfrage des CDU-Landtagsabgeordneten Werner Kalinka erstaunt. Denn die Zahl sei weit höher als von der GdP und den Personalräten gemutmaßt. Denn eigentlich versuchen Beamte, in den Wintermonaten ihren Überstundenberg abzubauen, so dass zu diesem Zeitpunkt die Zahl relativ gering sein müsste.

Beispielsweise haben die 33 Polizisten der Zentralstation in Bargteheide, zu denen auch die Beamten in Ammersbek, Steinburg und Bargfeld-Stegen zählen, bis Ende Januar 600 Überstunden angesammelt. Pro Kopf sind dies rund 18 Stunden. "Das ist sehr wenig", sagt der stellvertretende Stationsleiter Frank-Stephan Simon: "Doch das liegt daran, dass wir jetzt die Stunden, die wir im Sommer angehäuft haben, abbummeln." Im Juli vergangenen Jahres kamen auf die 33 Polizisten 1100 Überstunden, pro Kopf also 33. Im August zählte die Bargteheider Polizei 1000 zusätzliche Arbeitsstunden. "Zum einen haben wir in den Sommermonaten die Urlaubssaison, zum anderen gibt es dann viele Sondereinsätze", sagt Simon.

Auch die Zentralstation in Glinde, zu der Barsbüttel und Oststeinbek zählen, beobachtet eine ähnliche Entwicklung. "Zwischen November und Februar bauen wir Überstunden ab", sagt Eggert Werk, Chef der Glinder Zentralstation. Auch seine 30 Mitarbeiter sind derzeit mit 600 Überstunden auf einem niedrigen Niveau.

Manfred Börner, GdP-Vorsitzender in Stormarn und Herzogtum Lauenburg bemängelt, dass viele Kollegen jedoch nie von ihren Überstunden gänzlich runter kommen. "Ich kenne Beamte, die haben Überstunden im dreistelligen Bereich", so Börner. Und auch die Polizisten in Stormarn werden jetzt wieder zusätzliche Arbeitsstunden anhäufen. "Für Ende März ist in Lübeck eine Großdemonstration der Rechten geplant. Da wird es Gegendemonstrationen geben", sagt der Gewerkschafter. Bei diesem Einsatz müssen Stormarner Beamte in der Hansestadt aushelfen. "Jedoch müssen auch die Wachen im Kreis besetzt sein", sagt Börner. Neben bundesweiten Demonstrationseinsätzen füllen auch Fußballspiele oder Personenschutzmaßnahmen das Überstundenkonto vieler Beamter auf. Deswegen fordert die GdP jetzt vom Innenministerium ein Konzept gegen die dauerhafte Arbeitsbelastung. "Die Überstunden sind ein ernstzunehmendes Problem. Daran arbeiten wir auch", sagt Innenminister Klaus Schlie (CDU).

Eine Möglichkeit wäre, die angehäuften Stunden auszubezahlen. "Im vergangene Jahr war bei einigen Kollegen die Zahl der Überstunden so hoch, dass in Kiel ein Finanztopf geöffnet werden musste", sagt Börner. 500 000 Euro stellte das Land dafür zur Verfügung und konnte damit zehn Prozent der zusätzlich angefallenen Arbeitsstunden auf einen Schlag abbauen.

Für Manfred Börner ist dies für Beamte mit einer normalen 41-Stunden-Woche dauerhaft keine Lösung. Der GdP-Vorsitzende sieht nur eine Lösung für das Problem: "Das Personal muss aufgestockt werden. Objektiv betrachtet führt daran kein Weg vorbei. Doch politisch ist das nicht gewollt."

Der SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig kündigte sogar an, nach einem Wahlsieg bei der Polizei Stellen streichen zu wollen. Die CDU lehnt indes Personaleinsparungen ab. Ohne direkte Auswirkungen auf die Sicherheitslage wäre dies nicht möglich, sagte der CDU-Spitzenkandidat und Wirtschaftsminister Jost de Jager, am Mittwoch nach einem Informationsgespräch bei der Polizeizentralstation Ahrensburg. Angesichts der geschilderten Belastung der Beamten halte die er Kürzungen für "nicht vorstellbar."