Nach Einstellung des Strafverfahrens gegen Ärzte der Oldesloer Asklepios-Klinik fordern Hinterbliebene Schadenersatz.

Bad Oldesloe. Die Familie der kurz nach einer Entbindung in der Asklepios-Klinik Bad Oldesloe gestorbenen jungen Mutter will gegen die behandelnden Ärzte Schadensersatzforderungen geltend machen. Die Sprecherin des Landgerichts Lübecks bestätigte dem Abendblatt, dass zunächst ein Antrag auf Prozesskostenhilfe für das angestrebte Zivilverfahren gestellt wurde. "Wir prüfen derzeit, ob die beabsichtige Klage Aussicht auf Erfolg hat, bevor wir den Antrag bewilligen", sagt Gesine Brunkow, Richterin am Landgericht. Sie betont, dass der Ausgang des Strafprozesses, der vergangene Woche eingestellt worden war, dafür keine Rolle spiele. "Es sind zwei eigenständige Verfahren", sagt Brunkow: "Es kommt gelegentlich vor, dass im Strafprozess die Einstellung des Verfahrens oder ein Freispruch erfolgen, im Zivilprozess der Beschuldigte jedoch zu Schadensersatzzahlungen verurteilt wird."

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Wie berichtet, wurde das Strafverfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen zwei Mediziner der Asklepios-Klinik vor dem Ahrensburger Amtsgericht gegen Auflagen eingestellt. Sie waren im Januar 2008 die behandelnden Ärzte der Patientin, die per Kaiserschnitt einen Sohn zur Welt brachte. Wenige Tage nach der Geburt starb die 20-Jährige, weil offenbar niemand bemerkte, dass sie zu viel Blut verloren hatte. Die Staatsanwaltschaft sowie das Gericht sahen keine "Schwere der Schuld". Die damalige Assistenzärztin und der damalige Oberarzt an der Asklepios-Klinik hätten keinesfalls leichtfertig oder grob fahrlässig gehandelt, sagte der Richter: "Beides sind engagierte Ärzte. Ein Urteil ist hier nicht erforderlich."

Dennoch müssen Dr. Wulfram H., heute kommissarischer Chefarzt an der Asklepios-Klinik in Bad Oldesloe, 20 000 Euro und die Ärztin in Weiterbildung, Mona W.-R., 10 000 Euro zahlen. Das sehen die Auflagen vor. Von diesem Geld erhält der vierjährige Sohn der Verstorbenen 10 000 Euro. Das Geld soll er mit 18 Jahren inklusive Zinsen ausgezahlt bekommen. Die restlichen 20 000 Euro kommen gemeinnützigen Organisationen zugute.

"Diese Auflagen sind nicht als Schadenersatz zu betrachten", sagt Ulrich Fieber, Sprecher des Ahrensburger Amtsgerichts: "Deswegen bekommt das Kind auch nicht die vollen 30 000 Euro. Schadenersatzansprüche müssen vor einem Zivilgericht eingeklagt werden."

Soweit müsste es jedoch nicht kommen. Die Haftpflichtversicherung der Ärzte oder der Klinik könnten zuvor für den entstandenen Schaden aufkommen. "Es gab vor dem Prozess beim Amtsgericht in Ahrensburg Gespräche mit der Haftpflichtversicherung", sagt die Anwältin der Hinterbliebenen, Stefanie Martens. "Uns wurde eine Vorbehaltszahlung von 50 000 Euro zugesagt, jedoch ist das Geld nie überwiesen worden. Die Versicherung entschied sich letztlich, den Ausgang der Strafverfahrens abzuwarten." Anfang dieser Woche wollten die Vertreter der Versicherung erneut auf die Familie der Verstorbenen zukommen, jedoch sei dies bisher noch nicht erfolgt.

Die Asklepios-Klinik wollte sich zu möglichen Zahlungen ihrer Versicherung nicht äußern. Ferner hält sich der Konzern auch mit Aussagen über Konsequenzen aus diesem Fall zurück. Im Strafverfahren hatten Asklepios-Mitarbeiter ausgesagt, dass nach dem tragischen Tod der jungen Mutter der Vorfall nie aufgearbeitet wurde. "Es fehlte offenbar die nötige Selbstkritik", vermutete der Richter. Und: "Eine zeitnahe Aufarbeitung der Fehler wäre wünschenswert." Ein Asklepios-Sprecher sagte jetzt: "Die Klinikleitung tagt Anfang kommender Woche und wird sich intensiv mit den Ergebnissen des eingestellten Verfahrens befassen."

Neben der drohenden zivilrechtlichen Klage ist derzeit auch offen, ob sich die Mediziner vor einem Berufsgericht verantworten müssen. "Sobald das strafrechtliche Verfahren abgeschlossen ist, bekommen wir von der Staatsanwaltschaft die Unterlagen", sagt Dr. Carsten Leffmann, Geschäftsführer der Ärztekammer Schleswig-Holstein: "Der Vorstand sieht sich den Fall an und berät darüber, ob die Mediziner gegen die Berufsordnung verstoßen haben und ob dies über den strafrechtlichen Vorwurf hinaus nach dem Berufsrecht zu ahnden ist", so Leffmann. "Wir sprechen dann von dem sogenannten berufsrechtlichen Überhang." Dass das strafrechtliche Verfahren eingestellt wurde, sei für den siebenköpfigen Vorstand nicht ausschlaggebend. "Wir betrachten die Sache aus einem anderen Blickwinkel", so Leffmann: "Uns Interessiert, ob gegen die Sorgfaltspflicht oder die Berufsordnung verstoßen wurde." Kommt es zu einem Verfahren, droht den Ärzten der Entzug der Approbation. Jedoch ist es schwierig, Klinikärzten einen Verstoß nachzuweisen. "Sie sind ein Teil des Krankenhaus-Apparates", sagt der Kölner Rechtsanwalt für Medizinrecht Jens-Peter Jahn. Der Jurist hat schon zahlreiche Ärzte vertreten, und weiß, dass in der Regel auch die Verfahren vor dem Berufsgericht mit der gleichen Begründung wie vor dem Strafgericht eingestellt werden.