Anwohner der Rosenstraße und der Straße Cronsberg überzeugen Stadtpolitiker, den teuren Straßenausbau wesentlich billiger zu machen.

Reinbek. Es war ein flammender Appell, den Dieter Kwoll stellvertretend für die rund 70 Anwohner vorbereitet hatte. Sein Anliegen war ernst, hatte ihn seit September viel Kraft und Zeit gekostet. "Nicht aus Langeweile oder weil wir jemanden ärgern wollen, sondern weil wir gehört haben, was uns das alles kostet", sagte Kwoll mit ruhiger, aber bestimmter Stimme.

Mit "das" meint er den Ausbau der Rosenstraße und der Straße Cronsberg in Reinbek, die nach Plänen der Stadtverwaltung für rund 750 000 Euro neu aus- und teilweise umgebaut werden sollte. 75 Prozent der Ausbaukosten sollen auf die Anwohner umgelegt werden. "Die meisten von uns haben das Geld nicht und einige haben seit einige Zeit schlaflose Nächte. Wie viel Not wird hier produziert?", fragte er und schaute ernst in Richtung der Mitglieder des Bau- und Planungsausschusses.

Seit Wochen hatte er im Auftrag vieler seiner Nachbarn bei den Kommunalpolitkern in Reinbek die Klinken geputzt, Gespräche gesucht. Die Straßen seien alt, keine Frage, und müssten auch dringend saniert werden. Aber dass das Bauamt die Straßengeometrie verändern, die Straße verbreitern, Gehwege schmälern, neue Querparkplätze anlegen und zudem noch den Verbindungsweg zwischen Cronsberg und Hermann-Körner-Straße als kombinierten Geh- und Radweg umändern wollte, stieß bei zahlreichen Anwohnern auf großes Unverständnis.

Mehr als 100 von ihnen hatten bereits Ende 2011 auf einer Protestliste ihren Unmut geäußert. Und dem wollten rund 70 von ihnen am Dienstagabend im Rathaus erneut Nachdruck verleihen. "Es ist schon lange nicht mehr so wie früher. Die Stadt hat nicht mehr so viel Geld und wir auch nicht. Wir können nicht mehr, wenn der Herd kaputt ist, gleich eine ganze neue Küche kaufen", sagte Kwoll und appellierte damit nicht nur an die Verwaltung, sondern vor allem an die Politik. "Wir gewinnen alle etwas. Die Stadt gewinnt mehr Vertrauen ihrer Bürger, ebenso wie die Politik, und wir Lebensqualität."

Noch kurz vor der Sitzung hatten die Grünen einen Antrag eingebracht, der dann bei der SPD und FDP auf große Zustimmung traf. Zusammen stimmten sie dafür, auf die geplante Veränderung der Straßengeometrie zu verzichten und lediglich die Asphaltfläche und den Unterbau zu erneuern. Bernd Syska (SPD): "Es gibt erhebliche Differenzen zwischen den Vorstellungen der Anwohner und der Stadtverwaltung. Wir müssen auch den Haushalt der Bewohner im Blick haben. Alles, was die wollen, ist eine funktionierende Straße. Und die muss lediglich erneuert werden."

Vier Mitglieder der CDU stimmten gegen den Antrag. Ernst Dieter Lohmann (CDU), der sich seiner Stimme enthielt, hatte zuvor für eine minimale Verbreiterung der Straße von 25 Zentimetern votiert. "Die Straße ist 50 Jahre alt und die Breite von fünf Metern reicht nicht mehr aus", sagte er und erinnerte daran, dass im Winter auch Räumfahrzeuge an parkenden Autos vorbei müssten, die in der Vergangenheit breiter geworden seien. Heinrich Dierking (Forum21) bat darum, die "Kirche im Dorf" zu lassen. Die Straßen seien einfache Anliegerstraßen und der geplante umfangreiche Ausbau Unsinn.

Auf großes Unverständnis stieß auch das Vorhaben des Bauamtes, öffentliche Flächen, die seit Jahren privat von Anwohnern unwissentlich genutzt werden, zu verändern. Dem Bauamt waren vor kurzer Zeit Vermessungsfehler aufgefallen, als Luftbildaufnahmen mit Katasterkarten verglichen wurden. Private Grünflächen liegen teilweise bis zu zwei Metern auf öffentlicher Fläche.

Die Idee der Verwaltung ist nun, mit den Betroffen Pachtverträge für diese Flächen zu schließen. Wie hoch die mögliche Pacht sein wird, steht noch nicht fest. Für Anwohner wie Kai Fiedler eine ärgerliche Situation: "Wir wussten das nicht. Die Pläne sind noch aus den 50er-Jahren. Aber vielen Dank, dass wir jetzt die Möglichkeit bekommen, diese Grundstücke zu erwerben", sagte Fiedler wütend.

Mit der Grundstücksfrage sollen sich demnächst die Mitglieder des Finanzausschusses beschäftigen. Dierking: "Ich verstehe nicht, warum dieses Thema angefasst wird. In anderen Gemeinden fallen solche Unstimmigkeiten unter den Tisch."