Im Kreis Stormarn sind rund 200 Tagesmütter und -väter im Einsatz. Die Nachfrage steigt stetig an, das Interesse an der Ausbildung ist groß.

Ahrensburg. Immer mehr Eltern in Stormarn setzen bei der Kinderbetreuung auf Tagesmütter und, in selteneren Fällen, auf Tagesväter. Ein Hauptgrund dafür ist, dass die Betreuer im Vergleich zu Kindergärten mehr zeitliche Flexibilität bieten können. Laut Petra Niquet, Vorsitzende des Vereins Tagesmütter & -väter Stormarn, der auch bei der Vermittlung hilft, gibt es derzeit etwa 200 Tagespflegepersonen im Kreis. Die Tendenz ist steigend.

"Wir haben immer mehr Anfragen für immer kleinere Kinder", sagt Petra Niquet, die selbst seit Jahren hauptberuflich in Ahrensburg als Tagesmutter arbeitet. Besonders für Kinder im Alter bis zu drei Jahren würden zunehmend Betreuungspersonen gesucht. Ab August nächsten Jahres gilt ein Rechtsanspruch auf Betreuung für diese Kinder. Bundesweit soll für jedes dritte Kind dieser Altersstufe ein Betreuungsplatz existieren.

In Stormarn ist diese Quote "noch nicht erreicht", wie Wilhelm Hegermann, Fachbereichsleiter für Jugend, Schule und Kultur in der Kreisverwaltung, sagt. Zurzeit gebe es in Stormarn rund 1700 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren, das entspreche einer Quote von etwa 28 Prozent.

Um die Zahl zu steigern, setzt der Kreis - wie Kommunen bundesweit - auf den Ausbau der Tagespflegeplätze, die sich wesentlich leichter als Kita-Plätze schaffen lassen. Rund ein Drittel aller neuen Plätze soll bei Tageseltern entstehen. Der Kreis finanziert deshalb sogenannte Grundqualifizierungskurse für Tagesmütter mit 3100 Euro je Lehrgang. Für die Teilnehmer solcher Kurse, die an Volkshochschulen oder in Familienbildungsstätten stattfinden, verringert sich die Gebühr deshalb deutlich.

An der Volkshochschule Ahrensburg hat jetzt ein Kursus begonnen, in dem die Teilnehmer für 280 Euro Gebühr das Zertifikat erwerben. Das Interesse ist groß. 16 Frauen und ein Mann sitzen in dem Seminarraum. Die unterschiedlichsten Altersstufen sind vertreten, manche haben Kinder, manche nicht. Einen Hauptgrund, Tagesmutter zu werden, nennt Mareike Löwe. "Die Betreuungszeiten der Kitas sind auf dem Land wirklich ein Problem. Deswegen habe ich mich entschlossen, selbst etwas zu tun", sagt die 29-Jährige aus Großhansdorf.

Die Mutter zweier Töchter, zwei und acht Jahre alt, hat früher in einem Hamburger Krankenhaus gearbeitet. In der Notfallchirurgie, im Schichtdienst. Mittlerweile ist sie in Elternzeit - doch der Wiedereinstieg in den Job würde für sie zum Problem werden. "Ich bräuchte eine Betreuung, die vor sieben Uhr morgens beginnt und auch die Zeit nach 17 Uhr abdecken kann. Aber da habe ich nichts gefunden", sagt sie. So entstand die Idee, selbst Tagespflege anzubieten. Ob der Job als Tagesmutter tatsächlich eine langfristige Alternative zu ihrer früheren Tätigkeit ist, soll sich dann im Laufe der Zeit herausstellen.

Die Probleme berufstätiger Mütter haben auch Irmela Mäuser dazu bewogen, sich ausbilden zu lassen. "Eine junge Ärztin hat mir erzählt, dass man kaum eine passende Betreuung findet. Solchen Leuten möchte ich helfen", sagt die Ammersbekerin. Die 65-Jährige passt privat gelegentlich auf ihre Enkel auf. Nun möchte Mäuser, die in zahlreichen Ehrenämtern aktiv ist, ihre Erziehungsarbeit auffrischen und sich "vielleicht selbstständig machen". Ein passendes Haus mit großem Garten hat sie dafür schon.

Ob er mal als Tagesvater arbeiten wird, ist sich Jens Bergfeld, das einzige männliche Kursmitglied, noch nicht so sicher. Erst einmal interessiert sich der 44-Jährige, der als Verwaltungsbeamter in Bremen beschäftigt ist, für Erziehung. Der Ahrensburger ist vor vier Monaten zum zweiten Mal Vater geworden. Freunde haben ihn darin bestärkt, den Kursus zu machen. "Die haben bei mir ein Interesse erkannt, das ich vorher gar nicht so gesehen hatte", sagt der freundliche Mann, den man sich gut vorstellen kann in dem Job, den er noch nicht unbedingt anstrebt, den er sich aber "als perspektivischen Traum" vorstellen kann.

Bis Mitte Juni werden sich Jens Bergfeld, Irmela Mäuser, Mareike Löwe und die anderen Kursteilnehmer in 160 Stunden mit Dingen wie Pädagogik, Recht und Erster Hilfe auseinandersetzen. Auch Kochen steht auf dem Programm sowie Spielen im Grünen und Entwicklungspsychologie. Viele Dinge werden die Teilnehmer am eigenen Leib erfahren - etwa, wie man mit Wasser oder einem Glockenhandschuh spielt und wie sich eine Eiche anfühlt oder Gras an den Füßen. "Wir reflektieren sehr viel über die Rolle als Tagesmutter, darüber, wie wir selbst erzogen wurden und wie wir erziehen wollen", sagt Astrid Rottmann, Leiterin der Bereiche Arbeit/Beruf und Gesundheit an der VHS.

Dann steht noch ein zweiwöchiges Praktikum an. Nach einer Prüfung, die aus einem pädagogischen Gespräch und einem schriftlichen Ankreuz-Test besteht, erhalten die Teilnehmer ein bundesweit gültiges Zertifikat, dass sie zur Betreuung von Kindern bis zum Alter von 14 Jahren berechtigt. Dass diese Qualifikation kaum mit der Ausbildung einer Kita-Erzieherin vergleichbar ist, die drei bis fünf Jahre dauert, räumt Petra Niquet ein. Aber sie sagt auch: "Unser Angebot ist flexibler und individueller." Tagesmütter dürfen bis zu fünf Kinder betreuen, in Kitas sind die Gruppen - je nach Alter der Kinder - deutlich größer.

Natürlich ist nicht jeder, der sich für den Kursus anmeldet, auch geeignet für den Job. Laut Astrid Rottmann zeigt sich das dann meistens schon im Verlauf des Lehrgangs. "Wir machen im Seminar ein bisschen Druck. Wer Schlüsselqualifikationen wie Pünktlichkeit und Vorbildfunktionen nicht erfüllt, erscheint meistens erst gar nicht zur Prüfung", sagt sie. Pro Kurs treffe das auf ein bis drei Teilnehmer zu.

Mit dem Zertifikat allein sind zudem nicht alle Anforderungen erfüllt. Auch der Kreis Stormarn stellt welche: So muss jeder, der Kinder betreuen will, ein Führungszeugnis vorlegen. "Dazu gibt es Hausbesuche zur Abklärung des angedachten Betreuungsumfeldes", sagt Wilhelm Hegermann. Kommt hingegen jemand auf die Idee, ganz ohne Qualifikation als Tagesmutter oder -vater zu arbeiten, drohen ihm Sanktionen. "Ab einem gewissen Betreuungsumfang", so Hegermann, stelle das eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld bestraft werden könne.

Der nächste Kurs an einer Stormarner Volkshochschule für Tageseltern findet in Barsbüttel statt. Er beginnt am 15. März. Anmeldungen sind unter Telefon 040/670 72 140 möglich. Weitere Infos im Internet unter www.tagesmuetter-stormarn.de