Lindenhof-Parkplatz als Standort für Ahrensburger Verwaltung im Gespräch. Verkauft die Stadt den Stormarnplatz und den Rathausplatz?

Ahrensburg. Die Stadt Ahrensburg hat drei Probleme, die auf den ersten Blick nur schwer lösbar erscheinen: ein sanierungsbedürftiges Verwaltungsgebäude, einen unansehnlichen Rathausplatz und einen Schuldenberg in Höhe von rund 30 Millionen Euro. Nun wird an einem spektakulären Vorhaben gearbeitet, mit dem alle Probleme gleichzeitig gelöst werden könnten. Ein Plan, dessen Umsetzung zwar mindestens zehn Jahre in Anspruch nehmen würde. Aber ein Projekt, das bisher ungeahnte Möglichkeiten zur Neugestaltung und Weiterentwicklung der Innenstadt böte.

Sanierung des Gebäudes von 1970 würde mehrere Millionen kosten

Ziehen die Mehrheit der Kommunalpolitiker und die Verwaltung an einem Strang, könnte auf dem stadteigenen Lindenhof-Parkplatz ein neues Gebäude entstehen, in dem Verwaltung und Gewerbe Platz fänden. Das Filetgrundstück an der Manfred-Samusch-Straße und die Immobilie aus dem Jahr 1970 würden verkauft, das alte Rathaus würde abgerissen. Auch den Rathausplatz sowie den Stormarnplatz könnte die Stadt privaten Investoren überlassen. Nach vorsichtigen Schätzungen ist von möglichen Einnahmen in Höhe von 30 Millionen Euro die Rede.

Markthändler wollen am Rathausplatz bleiben

Ein neues Rathaus also für die rund 120 Beschäftigten auf dem Lindenhof-Parkplatz an der Hagener Allee/Ecke Bahnhofstraße. Vielleicht sogar eine neue Stadtbücherei mit einem Café und einem bunten Ladenmix. Dazu freiwerdende Flächen von rund 30 000 Quadratmetern in bester Innenstadtlage, auf denen neuer Wohnraum und Grünanlagen entstehen könnten. Ein modern gestalteter Rathausplatz anstelle der bislang unansehnlichen Parkfläche, entwickelt und finanziert von privater Hand unter Mitspracherecht der Stadt. Und ein glücklicher Kämmerer, der quasi im Handstreich von einem Großteil der Schuldenlast befreit wäre - hinter verschlossenen Türen wird bereits über diesen "Jahrhundertplan" diskutiert. Nach Informationen der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn sind alle Fraktionen informiert. Und grundsätzlich sollen sie offen sein für solche Planspiele.

Ursprung dieser Überlegungen ist die Tatsache, dass beim Rathaus Handlungsbedarf besteht. Für Brandschutzmaßnahmen, Sanitäranlagen und eine energetische Sanierung werden nach neuen Berechnungen mehrere Millionen Euro fällig. Allein für Heizkosten musste die Stadt im Jahr 2011 fast 38 000 Euro zahlen.

Ahrensburg diskutiert über den Rathausplatz

Hinzu kommt, dass die obersten Hüter von Baudenkmälern in Kiel auf die Idee kommen könnten, den bei vielen Bürgern als hässlich geltenden Klotz unter Schutz zu stellen. Das wäre nicht nur eine Reminiszenz an die architektonische Waschbeton-Ära der späten 60er- und frühen 70er-Jahre. Es geht dabei auch um die Frage, ob die Erhaltung des Gebäudes "wegen der besonderen geschichtlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen, städtebaulichen oder kulturlandschaftsprägenden Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt". Besuch aus Kiel hatten die Ahrensburger jedenfalls schon. Astrid Hansen ist Oberkonservatorin beim Landesamt für Denkmalpflege. Auf Anfrage des Abendblattes sagt sie: "Im Herbst 2011 ist die Stadt erstmals in dieser Sache auf uns zugekommen. Nun gibt es eine Prüfung der Denkmaleigenschaft des Gebäudes." Zweimal sei sie in Ahrensburg gewesen, habe auch das Stadtarchiv besucht, mit Bauamtsleiterin Angelika Andres gesprochen. Ein dritter Ortstermin und ein Gespräch mit Michael Sarach seien geplant. Die Bausubstanz schätzt Astrid Hansen als "gut" ein. Jetzt müssten weitere Informationen gesammelt, die Strukturen des Gebäudes innen und außen beurteilt werden. In etwa zwei Monaten werde das Prüfergebnis vorliegen.

Doch noch bevor die Kieler vollendete Tatsachen schaffen, haben kreative Köpfe den Lindenhof-Parkplatz als neuen Standort für ein Rathaus ins Planspiel gebracht. Fragestellung: Warum Millionen Euro in einen unmodernen und eigentlich so gar nicht zur Schlossstadt passenden Betonklotz pumpen, wenn die Stadt ein paar Meter weiter auf eigenem Grund und in Bahnhofsnähe ein neues Verwaltungsgebäude bauen könnte? Möglicherweise gibt es schon heute Abend bei der Sitzung des Bauausschusses (19 Uhr, Rathaus) erste Antworten.

Wie berichtet, soll ein Realisierungswettbewerb ausgeschrieben werden. Bei diesem Verfahren könnten bis zu sechs Planungsbüros beteiligt werden. Beim neuerlichen Lindenhof-Vorstoß geht es "um eine kluge Nutzung des Areals", hatte Bürgermeister Michael Sarach gesagt. Und es geht um eine Belebung der Hagener Allee und der gesamten Innenstadt. Da sind sich offenbar auch die meisten Politiker parteiübergreifend einig. Nach wie vor bevorzugen einige eine Mischnutzung. Ein Hotel an der Hagener Allee wäre für viele die Wunschlösung. Besser, so heißt es, sei Tagestourismus kaum zu fördern. Aber auch ein Umzug der Verwaltung sei nicht ausgeschlossen. Positiver Effekt für den Investor: Er bekäme mit der Stadt einen soliden Vertragspartner.

Ein Elektronikmarkt am Rathausplatz könnte eine mögliche Option sein

Grundsätzlich erwägt die Stadt im Falle eines Rathaus-Neubaus das Prinzip der Public-private-Partnership (PPP). Das bedeutet, dass der Investor die Kosten trägt und die Stadt das Gebäude anmietet oder least. Nach einer festgelegten Zeit und Zahlung einer Restsumme ginge das Haus nach etwa 30 Jahren ins Eigentum der Stadt über. Teil des "ganz großen Wurfes", wie einige Politiker die Planspiele nennen, könnte ein Elektronikmarkt auf dem Gelände des jetzigen Rathauses sein. Das erhöhte nicht nur die Anziehungskraft der Stadt, sondern auch die Gewerbesteuer-Einnahmen.

Projektentwickler: "Diese Überlegungen haben Charme"

Offiziell wollen sich Stadtverordnete in dieser Sache nicht äußern. Noch nicht. Nur so viel, aber ohne Nennung des Absenders bitte: "Grundsätzlich ist das eine tolle Idee, aber vielleicht eine Nummer zu groß." Ein anderer Kommunalpolitiker sagt: "Wir brauchen eine gründliche Kosten- und Nutzenanalyse, danach sollten wir alle Vor- und Nachteile dieser Idee diskutieren. Grundsätzlich wäre das nämlich super, besonders die Möglichkeiten zur Neugestaltung der Innenstadt, die sich daraus ergeben."

Einer der Projektentwickler, die Ahrensburger Firma Baustudio und Wohnungsbauträgergesellschaft mit Sitz an der Bogenstraße, kennt die Planspiele auch schon. Geschäftsführer Norbert Schwencke sagt: "Diese Überlegungen haben Charme. Für unsere Bewerbung wäre ein Rathaus-Umzug natürlich ein völlig anderer Ansatz als ein Hotel oder ein Elektronikmarkt. Aber ein durchaus interessanter."