Süße Pralinen tragen den Namen der Stadt in die Welt hinaus. Bestellungen kommen auch aus Amerika und Südafrika. Idee kam von Paul Ramcke.

Bargteheide. Alle reden vom Bargteheider Buckel. Aber in Sachen Stadtmarketing hat Bargteheide etwas viel Schöneres zu bieten als den kuriosen Hügel in der Westumgehung: statt Asphaltbelag pinkfarbene Kuvertüre, statt Frostschicht Buttertrüffel-Crème, statt Mergel-Unterbau knackige dunkle Schokolode und statt herausfordernder Steilpiste ein prickelnder Schuss Cointreau.

Die Bargteheider Küsschen machen die Stadt nicht nur bekannt, sondern die Menschen auch glücklich. Das Geschäft mit der süßen Verführung blüht - hinter der Tür des Spezialitätengeschäfts Ramckes Köstlichkeiten. Zwölf Gramm bringt ein Bargteheider Küsschen auf die Waage. Für 50 Cent ist das süße Glück in Cellophantüten zu haben - also pro Gramm für gut vier Cent.

Und während der Buckel das Städtchen lediglich landesweit bekannt gemacht hat, macht das Küsschen auf seinem Werbefeldzug für Bargteheide nicht einmal an den deutschen Grenzen Halt. "Die sind schon als Präsente nach Südafrika, nach Südamerika und selbst nach Asien gegangen", sagt Paul Ramcke, der in den 90er-Jahren die Idee für das Naschwerk hatte.

Und selbstverständlich reisen die Küsschen im Koffer regelmäßig zu offiziellen Anlässen in die Bargteheider Partnerstädte Déville-lès-Rouen (Frankreich) und Zmigrod (Polen), um auch dort für Entzücken zu sorgen. "Die Franzosen finden das Küsschen natürlich besonders gut", sagt Ramcke, lacht und verdreht ein bisschen die Augen. "Gerade der Schuss Cointreau kommt in Frankreich bestens an", sagt der Bargteheider.

"Da ist schon ordentlich was drin, aber für die Freunde in Polen könnte es wohl noch ein Schuss mehr sein", sagt Holger Tack, der den Laden voller Köstlichkeiten 1999 von Paul Ramcke übernommen hat und seitdem die Bargteheider Küsschen weltweit unters Volk bringt. Und dabei wird, typisch deutsch, auf die Inhaltsstoffe geachtet. "Für das Pink der Kuvertüre wird Rote-Bete-Saft verwendet", sagt Tack, "alles ganz natürlich."

Die Pralinen gehen weg wie warme Semmeln. "Acht bis zehn Kartons pro Woche. Vor Weihnachten musste ich nachbestellen. Da war schon immer in drei Tagen alles weg", sagt Holger Tack, der gerade wieder frische Ware hereinbekommen hat. Lieferant ist die ehemalige Hof-Confiserie Unter den Linden in Berlin. Da weht doch auch ein bisschen Großstadtflair nach Bargteheide.

"Die sind für mich. Man braucht ja schließlich auch etwas Nettes", sagt eine ältere Dame und nimmt sich zwei Küsschen für zu Hause mit. Die Bürger wissen ihren Exportschlager demnach auch im häuslichen Kreis zu schätzen.

Und selbst viele von denen, die im Laufe der Jahre weggezogen sind, wollen nicht verzichten und lassen sich die Küsschen in ihren neuen Wohnort hinterherschicken. "Eine ganze Reihe von Bargteheidern, die nach Süddeutschland gezogen sind, beliefere ich in regelmäßigen Abständen mit Geschenkkartons", sagt Holger Tack. Ein Küsschen-Abo. Nicht schlecht.

Was für die Alt-Bargteheider gilt, gilt für die Zugezogenen erst recht. "Wir wohnen seit November in Bargteheide", sagt Uschi Büttner. Den Weg in die Welt der Köstlichkeiten hat die 66-Jährige schon gefunden. Diesmal entdeckt sie auch die Küsschen. "Die muss ich haben", sagt sie mit einem Strahlen.

Kurz nach ihr kommt ein junger Mann in den Laden. Er wählt sorgsam aus. Die kleine grüne Plastikschale, mit der er auf Pirsch durch die Süßwaren-Welt ist, ist mit Lakritzstangen, Gummitieren und sauren Ringen schon gut gefüllt. Und kein Küsschen? "Kenn' ich gar nicht", sagt Patrick Wulf, 25, überlegt aber nicht lange und nimmt sich zwei cremige Pink-Pralinen. Für wen ist denn das zweite Küsschen? "Für meine Freundin natürlich", sagt der junge Mann, "mal sehen, wie das wirkt. Vielleicht hole ich noch mehr davon."

Vom Buckel haben dagegen viele Bargteheider schon mehr als genug. In Arztpraxen, an den Abendbrottischen, in den Kneipen, beim Klönschnack auf dem Markt, beim Einkaufen und Politisieren wird er in Gedanken auseinandergenommen. Nützen tut das nichts. Der Glaube mag vielleicht Berge versetzen. Aber nicht den Bargteheider Buckel. Der hält sich hartnäckig an der Einmündung der neuen Westumgehung in die Alte Landstraße und sorgt für anhaltende Verwunderung. Er hat einen festen, allerdings auch schweren Stand. Es sei denn...

Ein feines Sandgebäck, stark gewölbt, mit einer grauen Deckschicht und einer weißen Zuckerlinie in der Mitte? Das wär' doch was: ein Bargteheider Buckel nicht von der Lübecker Niederlassung des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr, sondern aus einer Confiserie-Stube mit Lübecker Marzipan überzogen.

Die Stadt sollte sich ein Beispiel an den Küsschen nehmen und ein straßenorientiertes Lifestyle-Imageprodukt in Auftrag geben. Mit einem köstlichen Bargteheider Buckel im Mund ließe sich das Original möglicherweise wie im Fluge nehmen, und den ewigen Nörglern wären auf zuckersüße Weise die Schleckermäulchen gestopft.