Wirbel im Ahrensburger Naturschutzverein um mysteriösen Brief und Anzeige gegen den Vorsitzenden. Seit Monaten Diskussion um Personalien.

Ahrensburg. Der Vorstand des bundesweit bekannten Naturschutzvereins Jordsand mit Sitz in Ahrensburg hat mit sofortiger Wirkung seinen Geschäftsführer Thorsten Harder freigestellt. Das wurde bei einer Sitzung im engsten Vorstandskreis am Freitag beschlossen. Zu den Gründen wollte der Vorsitzende Uwe Schneider gestern gegenüber dem Abendblatt nichts sagen. Auch Harder, seit Juli 2010 beim Verein angestellt, war für eine Stellungsnahme nicht zu erreichen.

Die jetzt beschlossene Personalie ist allem Anschein nach der vorläufige Höhepunkt einer seit Monaten laufenden vereinsinternen Auseinandersetzung. Die bevorstehende Freistellung des Geschäftsführers war in einem mysteriösen Brief bereits angedeutet worden, der auch die Stormarn-Redaktion des Hamburger Abendblatts erreicht hat. Das Schreiben auf offiziell anmutendem und mit Vereinslogo versehenem Briefpapier ist als "Pressemitteilung" gekennzeichnet. Als Verfasser wird Uwe Schneider genannt, seit 1965 im Verein aktiv, ehemals Geschäftsführer und seit 2005 ehrenamtlicher Vorsitzender. Schneider selbst bezeichnet den Brief als Fälschung. "Diese Pressemitteilung ist falsch! Sie stammt nicht von uns und ist auch nicht vom ersten Vorsitzenden autorisiert", heißt es in einem Fax vom Vorstand des Vereins Jordsand, das Uwe Schneider sowie der zweite Vorsitzende Jürgen Wahl unterschrieben haben.

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Der Brief, dessen wahrer Absender augenscheinlich unerkannt bleiben will, wurde offenbar an mehrere Zeitungen im gesamten Kreis verschickt. Der Inhalt ist brisant und geeignet, den Vorsitzenden in ein schlechtes Licht zu rücken. Die "Pressemitteilung" ist so formuliert, dass sich Uwe Schneider gegen "Gerüchte" zur Wehr setzt. Erwähnt werden unter anderem ein Strafverfahren wegen Veruntreuung von Vereinsgeld, Mobbing und eine Denunziation des Geschäftsführers Thorsten Harder. Weiter heißt es, dass Schneider das Bestreben habe, wieder selbst die Geschäftsführung zu übernehmen.

Bei der Staatsanwaltschaft Lübeck wird gegen Uwe Schneider in der Tat ein Verfahren geführt, das auf eine "Privatanzeige" zurückgehe. "Es besteht der Vorwurf der Veruntreuung von Vereinsgeld", sagt Oberstaatsanwalt Werner Spohr. "Dass ein solches Verfahren läuft, sagt allein noch nichts über den Tatverdacht aus", erläutert der Ankläger. Weder Uwe Schneider noch Jürgen Wahl wollen sich gegenüber dem Abendblatt detailliert äußern. Weder die Führungsriege noch ihr Anwalt hätten bisher Akteneinsicht gehabt. Man erwäge allerdings, gegen den Urheber des Briefes gerichtlich vorzugehen. Bis Freitag war allerdings noch keine Anzeige eingegangen.

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Unterdessen haben offenbar Kenner des Vereinslebens ein Internetforum mit dem Titel "Jordsand-Aufrecht" eingerichtet. Dort ist auch ein Text veröffentlicht worden, der als Protokoll einer Vorstandssitzung vom 12. November 2011 bezeichnet wird. Darin heißt es, dass Vorstand und Beirat Uwe Schneider "einstimmig" dazu aufgefordert hätten, seine Ämter im Verein wegen des laufenden Verfahrens ruhen zu lassen. Der Vorsitzende habe die Forderung jedoch abgelehnt. Weiter heißt es, dass die Referenten, die im Verein für die verschiedenen Schutzgebiete zuständig sind, die Arbeit des jetzt geschassten Geschäftsführers Thorsten Harder unterstützten und einstimmig dessen Weiterbeschäftigung forderten. Mitglieder bestätigen die Echtheit des Protokolls. Es zeigt, dass bei den Naturschützern bereits seit mehreren Monaten kontrovers über die Personalien Harder und Schneider diskutiert wird.

In dem gemeinnützigen Verein mit rund 3000 Mitgliedern, der sich vor allem durch Spenden, Zuschüsse und Beiträge finanziert und dessen berühmtestes Mitglied über mehr als 40 Jahre die 2011 verstorbene Altkanzler-Gattin Loki Schmidt war, hat es schon einmal aus ähnlichem Anlass Unruhe gegeben. So war Markus Risch, promovierter Ornithologe und 2005 als Schneiders Nachfolger zum Geschäftsführer bestellt, nach wenigen Monaten im Unfrieden aus dem Dienst im Ahrensburger Haus der Natur ausgeschieden.