Ahrensburg gebührt zunächst einmal Lob dafür, dass es einen Bericht über rechtsextreme Tendenzen in der Stadt angefertigt und veröffentlicht hat. Diesem Beispiel sollten andere Städte und Gemeinden folgen. Denn schon die Erhebung und die Analyse der Daten sowie die öffentliche Diskussion signalisieren: Wir sind wachsam.

Das Ergebnis der Ahrensburger Erhebung, dass es kaum Rechtsextremisten in der Stadt gebe, dürfte indes bei den Menschen unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Im Extremfall werden sie von einem "Habe ich doch immer schon gesagt" über Erleichterung bis hin zu Kopfschütteln reichen. Denn Fakt ist: Es gab und gibt Nazi-Schmierereien und auch gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen links- und rechtsorientierten Jugendlichen. Fakt ist aber auch: Zum täglichen Stadtbild gehören sie nicht.

Dass es eine Diskrepanz zwischen objektiven Erkenntnissen der Behörden auf der einen und subjektiver Wahrnehmung bei Bürgern der Stadt auf der anderen Seite gibt, wie der Bericht selbst konstatiert, ist nicht ungewöhnlich. Und das allein taugt als Beweis weder für die Tatsache, dass der Bericht unvollständig oder gar falsch ist, noch dafür, dass es eine starke rechte Szene gibt.

Es zeigt aber, dass zur Lebenswirklichkeit der Bürger eben auch eine gefühlte Wahrheit gehört. Und die gilt es, ernst zu nehmen. Hier sind die Verwaltung und vor allem die Polizei gefordert, entsprechenden Hinweisen aus der Bevölkerung konsequent nachzugehen. Fatal wäre es, wenn etwa das Gröhlen von Nazi-Parolen als Dumme-Jungen-Streich betrunkener Jugendlicher verharmlost würde. Und auch die "vorübergehenden verstärkten Plakatierungen rechtsextremistischer Parolen", die der Bericht ausdrücklich erwähnt, sind Straftaten, menschenverachtende zumal.

Auch wenn das Gesamtergebnis des Berichts beruhigend klingt, kann es dennoch keine endgültige Entwarnung sein. Denn zur Lebenswirklichkeit kann eben auch die Diskrepanz zwischen offiziellen Erkenntnissen und tatsächlichen Gegebenheiten gehören. Auch Zwickau dürfte keine Erkenntnisse über die Mordserie der Terrorzelle gehabt haben. Die traurige Konsequenz ist bekannt.