Täter schieben sich Verantwortung gegenseitig zu

Reinbek/Lübeck. "Es tut mir alles sehr Leid", sagt Dragan V., 25, vor dem Landgericht Lübeck. Ihm wird vorgeworfen, mit dem Mitangeklagten Resmi E., 23, sowie dem bereits verurteilten Rade P., 34, im März vergangenen Jahres ein älteres Ehepaar in dessen Haus in Reinbek überfallen zu haben.

Das Verbrechen sorgte in der ruhigen Wohngegend für Entsetzen. Die 89 Jahre alte Frau wurde an der Haustür zu Boden gestoßen. Sie erlitt einen Oberschenkelhalsbruch und musste ins Krankenhaus. Ihr 87 Jahre alter Ehemann wurde in den Wohnzimmersessel gedrückt. Der Täter drückte so fest gegen den Mund, dass dem Mann später fünf Zähne entfernt werden mussten. Die Räuber entkamen mit 200 Euro.

Am zweiten Verhandlungstag sagten die beiden Angeklagten aus. Die Staatsanwaltschaft wirft den Serben gemeinschaftlichen schweren Raub vor. Resmi E. soll die Frau zu Boden gestoßen, sich auf sie geworfen und ihr den Mund zugehalten haben. Dragan V. habe den Mann im Wohnzimmer gewaltvoll ruhiggestellt.

Beide gestanden die Tat. Sie sagten jedoch aus, dass sie nicht für die Verletzungen verantwortlich seien. "Als die Frau die Tür öffnete, habe ich ihr den Mund zugehalten. Rade hat mich dann in den Flur hineingestoßen. Ich und die ältere Frau fielen gemeinsam hin", sagte Resmi E. Auch ihm tue der Überfall leid.

Rade P. sei auch ins Wohnzimmer gelaufen und habe den Rentner bedrängt. "Ich stand draußen Schmiere. Plötzlich rief Rade nach mir, ich solle dem Mann den Mund zuhalten, damit er nach oben laufen könne, um das Geld zu holen", sagte Dragan V., "als ich ins Wohnzimmer kam, blutete der Mann bereits aus dem Mund, war verletzt." Doch Rade P. hatte in seinem Prozess genau das Gegenteil ausgesagt. Er sei in das Haus gestürmt und sofort ins Obergeschoss gelaufen. Mit den Verletzungen der Opfer habe er nichts zu tun.

Die Kripo fand P.'s Fingerabdrücke an einer Taschenlampe, die der 34-Jährige im ersten Stock verloren hatte. Das Gericht verurteilte den vorbestraften Kroaten am 15. Dezember wegen einfachen Raubes zu drei Jahren Haft. Strafmildernd wirkte sich aus, dass er seine beiden Komplizen preisgab.

Die beiden jetzt angeklagten Täter hoffen offenbar auch, nur wegen einfachen Raubes verurteilt zu werden. Das Strafmaß beginnt bei einem Jahr Freiheitsstrafe. Da der Prozess von Rade P. abgeschlossen ist, muss er mit keinen weiteren Konsequenzen rechnen. Der Anwalt der Opfer geht davon aus, dass es für P., der zum nächsten Verhandlungstag am 6. Mai geladen ist, auch dann keine höhere Strafe zu befürchten hat, wenn er jetzt zugibt, die Eheleute verletzt zu haben.

Während sich die drei Räuber nun vor Gericht verantworten müssen, ist die mutmaßliche Drahtzieherin der Tat auf der Flucht. Natascha P., die im Juli 2008 bei dem Reinbeker Ehepaar als Pflegerin gearbeitet hatte, soll den drei Tätern erzählt haben, dass die Eheleute viel Geld im Hause hätten. Von bis zu 150 000 Euro soll die Rede gewesen sein. Die Frau soll den Raub geplant und am Abend des Überfalls in dem Fluchtwagen auf ihre drei Komplizen gewartet haben.

P., die aufgrund einer Schwangerschaft nicht verhaftet wurde, ist nach der Geburt des Kindes geflüchtet und wird per Haftbefehl gesucht.