Deckendekoration des Males Wenzel Hablik entdeckt. Denkmalschützer spricht von der “wohl bedeutendsten Farbfassung aus den wilden Zwanzigern“. Das Kunstwerk könnte die Renovierung des Hauses verzögern.

Bad Oldesloe. Für die Denkmalschützer im Land ist die Sensation perfekt: Während der Sanierung des Hauses 18 der Oldesloer Theodor-Storm-Schule sind sie auf großflächige Decken- und Wandmalereien gestoßen, die der Urheberschaft des weltberühmten Malers und Grafikers Wenzel Hablik (1881 bis 1934) zuzurechnen sind. Im Erdgeschoss des 1926 als Kontorhaus errichteten Rotklinkerbaus haben Arbeiter eine fast vollständig erhaltene, an den Bauhausstil angelehnte Kassettendecke freigelegt.

Doch während mit diesem Fund nach Aktenlage schon gerechnet worden war, ist eine weitere Entdeckung in der ersten Etage jetzt zu einer riesengroßen Überraschung geraten. Der Architekt und Hablik-Fan Albrecht Barthel, der im Landesamt für Denkmalschutz in Kiel arbeitet, sagt: "Gibt es im Kontorsaal nur das strenge Quadratraster, so umspielen im Dachgeschoss abknickende und diagonale Farbbänder Unterzüge und Stützpfeiler und unterstreichen so die expressive Dramatik der Konstruktion." Er ist sich sicher: "Wir haben hier die wohl bedeutendste Farbfassung aus den wilden Zwanzigern - eine Mischung aus Expressionismus und Bauhaus, wie es sie woanders nicht mehr gibt."

Völlig unklar ist nach Barthels Worten, wie dieser 250 Quadratmeter große Raum unter dem Dach einst genutzt wurde. War es eine Kantine, ein Sozialraum, ein Festsaal? War es eine Mischung aus alledem? Der Denkmalschützer vermutet, dass Wenzel Hablik hier die Chance sah, seinen 1924 als Skizze zu Papier gebrachten Entwurf eines großen Festsaals Wirklichkeit werden zu lassen.

Doch wie kam Wenzel Hablik, gebürtiger Böhme und seit 1907 in Itzehoe sesshaft, nach Bad Oldesloe? Was führte ihn in das Kontorhaus des Oldesloer Margarinefabrikanten und Kaffeerösters Friedrich Bölck (1887 bis 1940)? Barthel: "Wahrscheinlich waren Habliks Mäzen, der Itzehoer Holzgroßhändler und Fensterfabrikant Richard Biel, und Bölck miteinander bekannt." Dafür spreche, dass im Kontorhaus die seltenen, leider undichten Stumpf-Patentschiebefenster aus Bielscher Herstellung verbaut worden seien.

Während Albrecht Barthel nun eine "gründliche restauratorische Untersuchung" fordert, könnten die Funde die Stadt Bad Oldesloe vor große Probleme stellen. Der Schulumbau, 1,25 Millionen Euro teuer und mit Geld aus dem Konjunkturpaket II gefördert, muss im Herbst abgeschlossen sein. Dann werden die Räume als Musik-, Kunst- und Computerräume benötigt. "Die Zeit drängt", sagt Oldesloes designierter Bauamtsleiter Frank Duwe, "wir brauchen klare Entscheidungen." Klar ist: Der Schulbetrieb erfordert schallgedämmte Decken. Insofern ist es aus Sicht der Schule undenkbar, die Deckenmalereien im Erdgeschoss offen zu lassen.

"Wir planen, die Decken in den späteren Unterrichtsräumen abzuhängen", sagt Duwe. "Es bleibt uns dann unbenommen, sie zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Schülerzahlen zurückgehen und man über eine anderweitige Nutzung der Räume nachdenken könnte, wieder freizulegen." Ein Stück im Flur soll sichtbar bleiben. Wie es im ersten Stock weitergeht, ob die Malerei überhaupt freigelegt wird, ist noch unklar.

Nun wird der Fund zur Chefsache. Am 21. April kommt Schleswig-Holsteins oberster Denkmalschützer Michael Paarmann zu einem Gespräch nach Bad Oldesloe. Bereits zwei Tage vor diesem Termin werden sich erstmals die Oldesloer Politiker mit dem Thema befassen. Dann stehen die Wenzel-Hablik-Funde auf der Tagesordnung des Bau- und Planungsausschusses.