Dieses Jahr sind die Verluste besonders groß. Im Kreis gibt es noch 3000 Völker. Nach dem Krieg waren es 40 000. Ein weiteres Problem ist der Nachwuchsmangel.

Lütjensee. Kaum klettern die Temperaturen, fliegen die Bienen ihre ersten Runden in diesem Jahr. Den diesmal langen und harten Winter haben sie in ihren Brutkästen, den sogenannten Beuten, verbracht. Doch viele Insekten haben nicht überlebt. Die Stormarner Imker berichten von einem wahren Bienensterben. Hans Werner Selken, Hobby-Imker aus Lütjensee, sagt: "Das betrifft alle Imker. Erfahrene, Anfänger - sogar Berufsimker."

Das Sterben ganzer Bienenvölker hat unterschiedliche Gründe. Die Hauptursache ist ein Parasit, der vor etwa 30 Jahren aus dem asiatischen Raum nach Deutschland eingeschleppt worden ist. Die sogenannte Varroa-Milbe hat es dabei auf die Bienenbrut abgesehen. Das Milbenweibchen setzt sieben bis acht Eier auf die Bienenlarven, bevor sie in ihren Zellen verdeckelt - das heißt verschlossen - werden. In der Zelle ernähren sich die Milben von den jungen Bienenlarven und saugen sie aus.

"Manche Bienen überleben das nicht oder sie sind stark beschädigt", sagt Selken. Der Vorsitzende des Kreisimkerverbands Stormarn zählt Beispiele auf: "Die Bienen sind geschwächt, haben keine Flügel oder einen verkrüppelten Hinterleib."

Die Folgen des Bienensterbens könnten verheerend für das Gleichgewicht in der Natur sein. Denn die Bestäubung, die zu 75 Prozent von den Honigbienen übernommen wird, dient der Befruchtung und Samenbildung von Obstbäumen, Kräutern oder Raps. Selken: "Unsere Landwirte und Obstbauern sind auf Bienen angewiesen. Sonst müssen sie Hummelvölker kaufen, die teuer und lange nicht so effektiv sind. Was die Konsequenzen sein werden, wenn es keine Bienen mehr gibt, ist schwer zu beurteilen."

Damit nicht genug: Durch die Einstichstelle der Varroa-Milbe schleusen sich Viren in den Bienenkörper ein. Die Insekten erkranken und verlieren ihren Orientierungssinn - ein Todesurteil. "Die Biene findet nicht mehr nach Hause", sagt Selken, "doch ihr Volk ist lebenswichtig für sie." Die Honigbienen wärmen sich aneinander, weil sonst ihre Körpertemperatur sinkt und sie sterben.

Um den Varroa-Milben-Befall zu bekämpfen, wenden die Imker verschiedene Methoden an. Selken: "Am Ende der Trachtzeit im Juli, Anfang August behandeln wir die Bienen über einen Zeitraum von drei Wochen mehrmals mit Ameisensäure oder Milchsäure. Dagegen sind die Milben empfindlich." Die Säure wird auf einer Filzplatte in das Volk gesetzt, verdunstet und tötet die Milben. "Zusätzlich sollte man auch eine reine Drohnenbrut ausschneiden und als Milbenfalle einsetzen", so Selken. Die Methode sei ideal, denn die Milben bevorzugen die Eiablage auf den männlichen Bienen. Kurz vor dem Schlüpfen der Milben werden die Drohnenwaben aus den Völkern genommen, und die Bienen bleiben weitestgehend verschont.

Stormarns Imker haben aber noch eine weitere große Sorge: Ihnen fehlt der Nachwuchs. Im Kreis gibt es noch ungefähr 3000 Bienenvölker, um die sich etwa 340 Imker kümmern. Zu dieser Jahreszeit ist ein Volk zwischen 20 000 und 30 000 Bienen stark, im Sommer sind es bis zu 100 000 Tiere. "In der Nachkriegszeit hatten wir in Stormarn noch 40 000 Völker. Da waren die Leute angewiesen auf den Honig, nutzten ihn zum Tauschen gegen andere Lebensmittel", so Selken, der selbst seit 50 Jahren die Imkerei zu seinen Hobbys zählt. "Heute hingegen ist es schwierig, gerade junge Leute zu gewinnen. Meist haben sie andere Interessen." Die Imkerei bedeute eine große Verantwortung. Auch der Zeitaufwand sei nicht zu unterschätzen, vor allem in der schönsten Jahreszeit. Selken: "Außerdem ist es durch die Milben, Viren und Pestizide schwieriger geworden zu imkern."