Hochleistungsgeräte saugen rund um die Uhr Wasser aus dem Herrenteich in die Mühlenau. Doch nach wie vor droht das provisorische Wehr zu brechen.

Reinfeld. Es ist Mittwochabend, 22.30 Uhr. Der Karpfenplatz in Reinfeld ist hell erleuchtet. Überall stehen die blauen Einsatzfahrzeuge des Technischen Hilfswerks (THW). Doch die Hektik, die noch vor zwei Stunden herrschte, hat nachgelassen. Denn die 50 Männer und Frauen des THW und die 20 Feuerwehrleute haben es geschafft: Sechs Hochleistungspumpen aus Mölln, Elmshorn, Oldenburg, Bad Segeberg, Wismar und Hamburg-Bergedorf laufen auf vollen Touren. Mit lautem Brummen befördern die Geräte jede Minute 43 000 Liter Wasser aus dem Herrenteich in die benachbarte Mühlenau. Das Ziel: "Wir wollen versuchen, den Druck von der Spundwand zu nehmen", sagt Torben Schultz vom THW. Denn seitdem der Pegel des Gewässers durch das Tauwetter stark angestiegen ist, drückt das Wasser ununterbrochen gegen die provisorische Spundwand. Sie soll Herrenteich und Mühlenau solange trennen, bis das neue Wehr fertiggestellt ist (wir berichteten). "Die Baustelle ist auf eine Wasserhöhe von 8,53 Meter ausgerichtet", sagt Bürgermeister Gerhard Horn. Er vermutet den Pegel inzwischen bei etwa neun Metern. Die Spundwand droht zu brechen. Horn: "Das würde eine gigantische Flutwelle geben, die ich mir lieber nicht vorstellen möchte."

Mit Hilfe der Pumpen soll das Wehr entlastet werden. Sie befördern das Wasser vom Herrenteich durch etwa 150 Meter lange Rohrleitungen in die Mühlenau. Vorbei an der Großbaustelle, auf der eine Seniorenwohnanlage entsteht, und der evakuierten Kindertagesstätte an der Müllerwiese bis zur B 75. Neben der Bundesstraße sammelt sich das Wasser auf den Feldern. Denn es gibt zwar einen Tunnel unter der Straße. Doch der ist für solch enorme Wassermassen nicht gemacht. Nur langsam fließt das Wasser unter der Straße hindurch in Richtung Trave.

Nach zehn Stunden Dauereinsatz folgte gestern Vormittag die erste Erfolgsmeldung: "Der Pegel im Herrenteich ist über Nacht um vier Zentimeter gesunken", berichtet der Bürgermeister. Die Gefahr, dass das Hochwasser die Straßen überflutet, habe sich dadurch deutlich verringert. Aber: "Am Wehr können wir noch keine Entwarnung geben. Da muss das Wasser noch deutlich weiter absinken." Das heißt: Die Gefahr einer Flutwelle droht nach wie vor. Horn: "Die Stadt hat dafür alle Vorkehrungen getroffen." Nachdem die Kindertagesstätte und zwei Wohnhäuser bereits evakuiert worden seien, sei die größte Gefahrenstelle nun die Holzbrücke, die über die Mühlenau führt. "Wir haben sie gesperrt", sagt der Bürgermeister. Doch trotz Absperrband habe er gestern Leute auf der Brücke beobachtet. "Da war ich richtig erschrocken."

Da die Rohrleitungen über die L 71 laufen, bleibt die Straße im Bereich des Herrenteichs vorerst für Autofahrer gesperrt - für Fußgänger jedoch nicht. Besteht die Gefahr, dass der Damm zur Straße bricht und das Wasser für die Menschen gefährlich wird? Laut THW ist dieses Szenario unwahrscheinlich. "Wir beobachten das ständig, aber wir sehen da keine Gefahr", sagt Schultz. "Wir befinden uns zwar in einer kritischen Lage, aber eine Katastrophe ist nicht abzusehen."

Um den Pegel weiter zu senken, sollen die Pumparbeiten fortgesetzt werden. Wie lange noch, steht nicht fest. Zur Unterstützung wurde gestern eine siebte Pumpe aus Stade aufgebaut, die den Herrenteich um 15 000 Liter pro Minute erleichtert. Alle paar Stunden treffen sich Vertreter von Stadt, THW, Wasserbehörde, Feuerwehr und die Ingenieure der Baustelle, um die Lage zu bewerten. "Wir können das Wasser nicht immer weiter aus dem Teich befördern, sondern müssen auch schauen, welche Auswirkungen das auf die Felder und die Trave hat", sagt Horn. Bis gestern Abend sollte der Pegel um zehn Zentimeter gesenkt werden.