Zwar müssen die Beamten zunächst noch mit Ganzjahresreifen auskommen - aber danach sollen die Streifenwagen mit mehr Bodenhaftung unterwegs sein.

Ahrensburg/Kiel. "Wir appellieren an die Vernunft der Autofahrer, bei diesen Wetterbedingungen mit Winterreifen zu fahren." Seit Schnee und Eis den Straßenverkehr unsicherer machen, fordert die Polizei Autofahrer immer wieder dazu auf, Winterreifen aufziehen zu lassen. Ein guter Ratschlag - den sie selbst nicht befolgt. Denn Einsatzfahrzeuge im Kreis Stormarn sowie überall in Schleswig-Holstein sind nur mit Ganzjahresreifen unterwegs. Das soll sich ändern. Nachdem die Polizeigewerkschaft immer wieder gegen die aus ihrer Sicht unzumutbaren Zustände protestiert hatte, hieß es nun gestern Nachmittag aus dem Kieler Innenministerium: Im nächsten Winter, also Ende 2010, bekommen die Streifenwagen sicherere Reifen.

"Dass wir jetzt noch mit Ganzjahresreifen fahren, ist unverantwortlich", sagt Manfred Börner, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in Stormarn und Herzogtum Lauenburg: "Die Polizisten beschweren sich, dass es immer wieder Probleme auf zugeschneiten und vereisten Straßen gibt. Die Autos kommen teils nicht von der Stelle oder geraten ins Rutschen."

Auch die Experten vom ADAC sagen, dass hier auf Kosten der Sicherheit gespart wird. "Diese 'Kompromissreifen' sind etwas für Wenigfahrer, Menschen die nur rund 5000 Kilometer im Jahr fahren", sagt Matthias Schmitting vom ADAC Hansa: "Sie können mit den Ganzjahresreifen Geld sparen. Die Polizei, die schnell zum Einsatzort fahren muss, sollte unbedingt mit Winterreifen ausgestattet werden." Laut ADAC können Ganzjahresreifen lange nicht mit der Qualität eines Sommer- oder Winterreifens mithalten. "Einen Reifen, der sowohl bei Minusgraden im Winter als auch im Hochsommer optimalen Grip verspricht, den gibt es nicht. Der Allwetterreifen ist ein Kompromiss", sagt Schmitting. Winterreifen sind für niedrige Temperaturen und winterliche Straßenverhältnisse ausgelegt. Sie verfügen über eine kälteresistente Gummimischung, die bei niedrigen Temperaturen nicht verhärtet und damit eine bessere Bodenhaftung ermöglicht. "Mit einem Winterreifen können Autofahrer besser anfahren, die Kurvenstabilität ist deutlich besser. Außerdem ist der Bremsweg zwischen zehn und 20 Prozent kürzer als beim Ganzjahresreifen."

Drohen den Beamten gar Gefahren, wenn sie schnell auf solchen Reifen unterwegs sind? Der ADAC-Experte: "Verfolgungsjagden sollten die Beamten mit Ganzjahresreifen unterlassen. Gegen ein Auto, das leichter als der Streifenwagen ist und Winterreifen drauf hat, hat die Polizei auf zugeschneiter Straße keine Chance."

Unfälle der Polizei gab es in diesem Winter in Stormarn noch nicht. "Auch mussten wir keine Verfolgungsfahrt abbrechen", sagt Sprecherin Sonja Kurz. Doch in Potsdam verunglückte vor einem Jahr ein Polizist (36) tödlich. Sein Streifenwagen war ins Schleudern geraten und gegen einen Baum geprallt. Ein anderer Beamter wurde bei dem Unfall schwer verletzt. Trotzdem fahren die Beamten in Brandenburg sowie in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein mit Ganzjahresreifen. Nach mehreren Unfällen von Streifenwagen auf glatten Straßen stellte das Bundesland Hessen von Allwetter- auf Winterreifen um.

In Schleswig-Holstein haben bisher nur die Streifenwagen der Autobahnpolizei Winterreifen, da die Politiker schon vor Jahren erkannt haben, dass diese Reifen sicherer sind. Für Polizisten, die über Landstraßen fahren müssen, galt dies bisher offenbar nicht.

"Wir wissen um die Probleme und fahren aufmerksamer und vorsichtiger", sagt Eckart von Kleist, Leiter der Polizei-Zentralstation Bargteheide. Die Beamten hätten sich mittlerweile damit arrangiert, dass sie bislang mit Ganzjahresreifen durch den Winter kommen müssen.

Die Gewerkschaft der Polizei hatte beim Thema eigentlich schon resigniert. "Seit vielen Jahren weisen wir Jahr für Jahr auf die schlechte Ausrüstung der Streifenwagen hin, Besserung hat es bisher nie gegeben", sagt Manfred Börner von der Gewerkschaft der Polizei: "Deshalb begrüßen wir die Entscheidung aus dem Innenministerium. Es wird den Polizisten ein Stück mehr Verkehrssicherheit geben."

Der Kieler Innenminister Klaus Schlie rechnet damit, dass die Erstausstattung von 1000 Einsatzfahrzeugen (rund 1400 gibt es in Schleswig-Holstein) rund 650 000 Euro kosten wird. Hinzu kommen jährlich 100 000 Euro für die Einlagerung und den Reifenwechsel. Angaben des Ministeriums zufolge soll das Geld durch Einsparungen und Umschichtungen im Haushalt erwirtschaftet werden.