Wie viel Freiheit haben die Bewohner, wie viel Einfluss hat der Heimbeirat? Die Gutachter richten ihr Augenmerk auf die sogenannten “weichen Faktoren“.

Lütjensee. Welche Pflegeeinrichtung bietet ein hohes Maß an Lebensqualität? Wo werden persönliche Vorlieben und Gewohnheit besonders respektiert? In welcher Einrichtung bleibt die Würde der Pflegebedürftigen in besonders hohem Maße erhalten? Das sind die sogenannten "weichen Faktoren". Sie lassen sich nicht so gut messen wie objektive Fakten, etwa Türbreiten für Rollstuhlfahrer oder die technische Ausstattung eines Hauses.

Um die Vergleichbarkeit von Heimen zu verbessern, hat die Bundesinteressenvertretung der Nutzerinnen und Nutzer von Wohn- und Betreuungsangeboten im Alter und bei Behinderung (BIVA) mit finanzieller Unterstützung des Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Internet eine öffentlich zugängliche Datenbank aller Alten- und Pflegeheime gestartet. Auch im Kreis Stormarn sind derzeit Gutachter unterwegs und arbeiten den Katalog mit insgesamt 119 Fragen aus den Bereichen Autonomie, Teilhabe und Menschenwürde in diversen Heimen ab. Jetzt wurde das Lütjenseer "Haus am See" als eines der ersten im Kreis begutachtet.

Der Gutachter Heinz Drenkberg aus Bad Oldesloe sagt: "Wenn ein Heim in einer Kategorie 85 Prozent erreicht hat, gibt es einen grünen Haken. Der Interessent sieht dann, dass die Einrichtung in diesem Bereich verbraucherfreundlich ist." Wenn ein Heim diese Prozenthürde nicht erreicht, werden Gespräche mit der Heimleitung geführt. Veröffentlicht wird das Ergebnis dann nicht, denn eine Wertung oder gar ein Ranking soll das Heimverzeichnis nicht sein. Gutachter Drenkberg sagt: "Wir versuchen objektiv den Wohlfühlfaktor in einem Heim zu ermitteln."

Einen ganzen Tag wird er sich mit Gutachter Norbert Hinz in dem Altenheim umsehen, am Mittagessen teilnehmen und mit Bewohnern, dem Heimbeirat und natürlich der Heimleitung sprechen und den Fragenkatalog abarbeiten.

Was aber wird in dem Fragenkatalog konkret abgefragt? Das sind zum Beispiel Fragen zur Ernährung. Darf der Bewohner mitkochen? Gibt es eine Auswahl aus mehreren Gerichten oder aber nur eine Einheitssuppe für alle? Darf der Bewohner selbst entscheiden, wann er ins Bett geht? Oder wann er frühstückt? Berücksichtigen die Heimmitarbeiter die Wünsche der Bewohner? Kann der Heimbeirat mitbestimmen, und werden seine Vorschläge auch umgesetzt? Erreicht ein Pflegeheim 85 Prozent in einer Kategorie, wird das später im Internet mit einem grünen Haken signalisiert. Dann gilt das Haus in diesem Bereich als verbraucherfreundlich. Die Ergebnisse werden detailliert mit der Heimleitung besprochen und auch nur nach Rücksprache mit ihr veröffentlicht. Der Gutachter Drenkberg sagt dazu: "Wir wollen mit dem Gutachten keine Einrichtung an den Pranger stellen, daher werten wir die Fragen auch gemeinsam mit der Heimleitung aus und besprechen eventuelle Schwächen." Die Teilnahme am Heimverzeichnis erfolgt zudem auf freiwilliger Basis der Heimleitung und ist derzeit auch noch kostenlos für die Einrichtungen. Später soll aber eine Gebühr erhoben werden. Bisher haben allerdings nur ein paar Heime aus Stormarn eine Begutachtung beantragt.

Drenkberg vermutet da eine abwartende Haltung der Heimleitungen, die wohl erst mal gucken wollen, ob sich auch andere Altenheime beteiligen. Zudem sind eh schon häufig Prüfer in den Häusern, testen und bewerten nach diversen Kriterien. Der Geschäftsführer des "Haus am See" in Lütjensee, Ralf Schulz, sagt: "Wir werden viel geprüft. Eichamt, Gesundheitsamt, der Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) und natürlich die Heimaufsicht - insgesamt gilt es 86 Vorschriften einzuhalten." Warum er sich trotzdem am Heimverzeichnis beteiligt? "Wir haben vom Verzeichnis erfahren, und uns war sofort klar, dass wir mitmachen würden. Die zukünftigen Bewohner informieren sich auch viel übers Internet und suchen nach passenden Einrichtungen, die ihr neues Zuhause sein sollen." Außerdem sind er und Heimleiter Frank Ulrich sich sicher, dass das "Haus am See" in allen Kategorien als verbraucherfreundlich eingestuft wird.

Gutachter Heinz Drenkberg hofft, dass sich zukünftig noch mehr Pflegeheime beim Heimverzeichnis anmelden.

In der zweiten Phase ist es vorgesehen, dass auch die Ergebnisse aus den Bewertungen der Heimaufsicht und des MDK auf der Internetseite einsehbar sind. Dadurch wären dann alle erhältlichen Daten eines Heimes zentral auf einer Internetseite abrufbar. Die Suche nach einem geeigneten Pflegeheim, sie würde sich für Interessenten dadurch in ganz erheblichem Maße vereinfachen.

www.heimverzeichnis.de